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Kolumne KriegsreporterinGevögelt von 'nem Fremden

Kolumne
von Silke Burmester

Lauter hübsche Gedanken: Warum Lena beim ESC nicht gewonnen hat, Bernd Ziesemer der Mann der Wahl ist und Jounalisten das Heldsein bei Springer lernen können.

H allo, taz-Medienredaktion! Nein! Ein Skandal beim Netzwerk Recherche (NR), dem edelsten aller edlen Vereine, erhaben über jeden Zweifel. Der Verein soll für seine Jahrestagung den Journalisten-unter-Druck-Setzer Carsten Maschmeyer aufs Podium geladen haben, wobei sich dieser angeblich den Maschmeyer-Skandal-Aufdecker Christoph Lütgert als weiteren Teilnehmer verbeten habe. Statt seiner ist der nicht immer die beste Podiumsfigur machende Markus Grill im Gespräch. Und Lütgert will aus NR austreten. Tja.

Endlich wird es leiser. Das Rumtata der größten europäischen CSD-Veranstaltung löst sich im Düsseldorfer Alt-Dunst auf. Das Ausmaß, mit dem manche Medien über den ESC berichteten, scheint die inhaltliche Krise dieser Häuser zu spiegeln, und man kann nur froh sein, dass Lena nicht gewonnen hat. Nicht nur für Lena. Wobei ich begeistert festgestellt habe, dass der NDR es geschafft hat, eine Veranstaltung hinzubekommen, die nicht peinlich ist. Noch heute steckt mir das Deutschland-Bild in den Knochen, das mit der Schwarzwaldklinik um die Welt ging, und ich möchte vor allen Verantwortlichen auf die Knie fallen, dass sie den Mut hatten, ja, öffentlich-rechtlich gesehen ist es Mut, das Jahresfest der Friseurinnung so ironisch und hochprofessionell anzugehen. Dem "Satellite"-Cover-Opening gehört der Sonderpreis aller Unterhaltungsjurys zugesprochen.

Dass der Sieg nicht unserer wurde, sei allerdings kein Wunder, sagt meine Späherin Erl-Hegel. ",Gevögelt von nem Fremden!' Wie soll man denn mit so einem Text die muslimischen Länder auf seine Seite ziehen?", fragt sie. "Noch dazu, wenn im Hintergrund Sperma tanzt?"

Regionalzeitungen? "Selbstmord aus Angst vor dem Tod"

Bild: taz

SILKE BURMESTER berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Ausnahmsweise bleibt auch mir dazu nichts zu sagen, und so möchte ich meine These der inhaltlichen Krise auf der Autoritätsebene untermauern. Bernd Ziesemer heißt der Mann meiner Wahl. Einer, der nicht immer schlaues Zeug sagt, sich seit seinem Fortgang vom Handelsblatt ständig zur Lage im Krisengebiet äußert, und dessen Worte Widerhall in den Medien finden, als hätten die Redakteure etwas wiedergutzumachen. Ziesemer also, der jetzt bei Hoffmann und Campe zusehen muss, dass wenigstens der Corporate-Publishing-Laden läuft - der Jahreszeiten Verlag dümpelt ja eher wie ein umgekippter See vor sich hin -, hat epd gegenüber von einer "Kreativitätskrise" der Verlage gesprochen. Besonders hat mir seine Äußerung über die Regionalzeitungen gefallen, denen er "Selbstmord aus Angst vor dem Tod" bescheinigt. Ein schlichtweg hübscher Gedanke.

Auch hübsch ist der Gedanke "Journalisten sind Helden", mit dem die Axel-Springer-Journalistenschule Bewerber sucht. Nun ist nicht ganz klar, warum wir Helden sein sollten. Klar ist aber, dass man das Heldsein bei Springer lernen kann. In der Einheit "Dummheit und Wagnis" etwa, wo beigebracht wird, sich anzubieten, wenn die Chefredaktion krisengebietsunerfahrene "Journalisten" braucht, die sich zum Witwenschütteln beispielsweise in den Iran schicken lassen. Oder in der Einheit "Hero-Making", in der gelehrt wird, wie eine mediale Rettungskampagne läuft, bei der die Idioten zu Helden stilisiert werden und das eigene Haus sich als Verteidiger der Pressefreiheit aufspielt.

Da auch ich mich gern als Retterin aufspiele, möchte ich noch einmal auf meine Kampagne "Beat Jobatey!" hinweisen: Cherno Jobatey, der lustige Moderator des "Morgenmagazins", gilt als "Journalist" mit den meisten Facebook-Klicks. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich brauche mehr Klicks. Wo? Hier: www.facebook.com/kriegsreporterin Zack! Zack! Und damit zurück nach Berlin!

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Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

3 Kommentare

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  • SB
    Silke Burmester

    Dankeschön!

  • GJ
    German JaCobi

    Netzwerk Recherche bereitet sich gerade auf einen ganz anderen Skandal vor. Die Hintergründe dafür sind schon bei den ZAPP-Kommentaren über den Beitrag zur Ehrung des Journalisten-Zuchtmeisters Wolf Schneider öffentlich: http://www.ndr.de/apps/php/forum/showthread.php?t=46780

     

    Spannende Angelegenheit. Prof. Dr. Thomas Leif hätte sich sich schon vor längerer Zeit interessieren können, warum es einem kleinen Rechtsjournalisten gelungen ist, das Machtrefugium unserer Gesellschaft zu durchschauen. Investigative Journalisten hätten schon viel verhindern können, was uns belastet, weil die Justiz nicht spurt: Dauerarbeitslosigkeit, Schuldenberge, Auseinanderklaffen der Vermögensschere. Immer mehr Arme, die sich immer weniger gefallen lassen und immer mehr Reiche, die sich auf Ghettopflastern bewegen müssen ... Wozu leisten wir uns eine Institution, die für Gerechtigkeit sorgen soll?

     

    Weil Journalisten immernoch ihr "rechtes Auge" zudrücken, können Juristen überall machen, was ihnen Recht ist. Vorgestern verschwand eine vielbeachtete Diskussion von politik.de, die politische Meinungsfreiheit unterstützt. Rund 400 sachliche Beiträge über das Versagen der Justiz waren entstanden bis zur kommentarlosen Löschung ...

  • V
    vic

    Das war erneut sehr hübsch, Silke.

    Dafür gerne einen virtuellen Klick auf diesem Weg, denn ich bin kein Member of Community;)