Kolumne Jung und dumm: Mein Handy, dein Name ist Mandy
Bitte helfen Sie mir – in meinem Mobiltelefon wohnt der Teufel! Und auch sonst ist das Leben als analoger Klassenclown nicht einfach.
J emand musste Josef K. anrufen, als er aus unruhigen Träumen erwachte, denn sein Handy rappelte: „Sorry, Schatz, ich wollte nur grad testen, ob dein Handy auch an ist ...“ Okay: Wenn ich schon Kafka verhackstücke, um den Gebrauchsgegenstand „Mobiltelefon“ zu diffamieren, dann muss wirklich etwas im Argen sein.
Es ist ja nicht so, dass ich nicht einige Handys zu guten Bekannten, gar engen Freunden zählen würde (und sie mich auch) oder etwa pauschale Vorurteile hegen würde gegen mobile Telefonie im Besonderen oder moderne Technik im Allgemeinen – es gibt durchaus gute Handys.
Aber man wird doch auf der anderen Seite ja wohl auch noch sagen dürfen, dass viele Handys uns ein Schweinegeld kosten, alten Omas ihre Handtaschen klauen und nachts unsere Frauen vergewaltigen.
Ohrläppchenkontakt
Handys sind tückisch: Regelmäßig befällt mich der Verdacht, dass ich durch Kontakt meines Ohrläppchens mit dem Display des Smartphones so manches Gespräch aus Versehen vorzeitig beendet habe. Auch habe ich nie ganz auflösen können, ob man denn jetzt im Zug telefonieren kann oder nicht.
Und dann gibt es da noch die Spezialfälle: Handys aus der Hölle. Regelmäßig und ganz von alleine schaltet sich meines, als wäre es von Dämonen besessen, in eine Art Parallelwelt, die sich zwischen dem Modus „Tastensperre“ und dem des vollkommenen Ausgeschaltetseins befindet; wenn ich in der Internetapplikation mehr als zwei Zeichen in einer Sekunde eintippe, erscheint die Meldung „Internet angehalten“; und neulich zeigte das Gerät unvermittelt an: „WhatsApp / neues Ablaufdatum: unendlich“.
Doch auch das Handy ist dumm: Dass heute möglichst alle verfügbaren Informationen gespeichert und zur Datensammlung weitergeleitet werden, ist bekannt. Kluge Technik zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Verwender*innen das nicht merken. Mein Handy aber verrät sich, indem es sich, auch wenn ich alle Ortungssysteme ausschalte und durch die Gegend tuckere, in der Kartenapplikation zuverlässig selber ortet.
Hunde sind böse
Facebook ist ähnlich schlicht gestrickt: „Füge deine Telefonnummer hinzu, um dein Konto zu schützen“ – bitte, Herr Zuckerberg, wenn Sie schon meine Daten wollen, dann aber mit mehr Logik und Raffinesse! Und warum schlagen Sie mir, wenn Sie schon alles über mich wissen, die Mitgliedschaft in der Gruppe „Rottweiler Freunde Deutschland“ (Kategorie: „Facebook-Gruppen aus der Hölle“) vor? Nicht alle Handys, aber alle Hunde sind: böse.
Fassen wir zusammen: Ich bin ein schlechter Berufsjugendlicher, denn Technikkompetenz ist, aus Sicht der Alten, das Einzige, was junge Menschen auszeichnet, wenn sie schon nicht mehr den Kaiser/Hitler/Strauß/Schmidt/Schröder so toll finden. Job, Karriere, Vernetzung: All das wird mir verwehrt bleiben, während ich, frühvergreist, bei Wasser, Brot, Papier und Stift vor mich hinschrumpel und den analogen Klassenclown geb.
Bleibt wohl nur ein Pakt mit der Technik. Dann kann ich auch endlich unendlich auf WhatsApp online sein.
PS: Was machen zwei kleine Kinder, die einander mit Ketchup bespritzen? Diaflecktik!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!