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Kolumne HabseligkeitenSolidarität mit Schwaben

Kolumne
von Natalie Tenberg

Schützt es mich vorm Autoanzündler, dass ich aus NRW komme? Nein, denn der Berliner kennt nur sich selbst. Und auch den mag er nicht besonders.

A nfang letzter Woche wünschte ich mir noch dringend, dass endlich jemand ein Auto mit Pyrolysefunktion erfindet. Wir haben so etwas in unserem Backofen. Wir müssen ihn nur furchtbar aufheizen, dann fällt der Schmutz in sich zusammen und lässt sich ganz einfach wegwischen. Nur leider habe ich diese Funktion bei unserem Ofen noch nie benutzt, weil ich bis vor Kurzem nicht verstanden hatte, dass wir überhaupt mit ihr gesegnet sind. Mir erscheint sie sogar für einen so kleinen und unkomplizierten Raum wie das Innere eines Ofens recht überflüssig.

Aber für unser von oben bis unten besudeltes Auto stellte ich mir so etwas herrlich vor. Nie wieder würde ich die Reste von Knabbereulen und Knusperriegeln, von Brezeln, Brötchen, Reiswaffeln, Bananenscheiben oder Apfelspalten, die kleine Hände fallen lassen, mühsam von den Sitzen kratzen müssen. Einmal gehörig aufheizen, und selbst die Milchreste vom Cappuccino to go am Schaltknüppel wären futsch.

Das, was jetzt noch wie ein rollender Misthaufen erscheint, wäre wieder ein honoriges Fahrzeug, mit dem wir auch Fremde mitnehmen könnten, ohne dass ihre sauberen Schuhe in unserer Schokoladenpapiersammlung dreckig werden.

Inzwischen aber, und es ist nicht viel Zeit vergangen, wünsche ich mir nur eins, nämlich unser Auto möge nicht in Flammen aufgehen, auch nicht zur Selbstreinigung, sondern lange halten. Denn: Hier in Berlin werden wieder links und rechts von uns alle möglichen Dinge von Vollidioten angezündet, es ist zum Wahnsinnig werden. Nachts können wir schon nicht mehr schlafen, weil Hubschrauber mit Wärmebildkameras über unserem Viertel kreisen, um die Bösewichte zu fangen.

Ein Täter, der sich auf Kinderwagen im Treppenhaus spezialisiert hatte, gab als Motiv "Schwabenhass" an. Gut, dachte ich kurz, dass ich aus NRW komme. Dann aber schmolz mein Herz bei dem Gedanken an all die liebenswerten Schwaben, die ich kenne. Wie kann man solche Menschen hassen?

Bild: privat
NATALIE TENBERG

ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".

Auch hört man viel Schlimmes über Berliner Schulen. Wer garantierte mir denn, dass diese Pyromanen nicht ständig blau gemacht haben und nun denken, der Niederrhein läge in Baden-Württemberg? Der Berliner hält doch selbst Jogi Löw und Wolfgang Schäuble für Schwaben, obwohl sie unüberhörbar aus Baden stammen! Rheinländer werden mit Ruhrgebietlern verwechselt, Franken mit Niederbayern. Der Berliner kennt nur sich selbst, und auch den mag er nicht besonders, sonst gingen die Menschen in dieser Stadt freundlicher miteinander um.

Damit unser Golf, der Bugaboo und der Chariot-Captain-XL-Fahrradanhänger nicht auch als Symbole fieser Spießerlebensweisen in Flammen aufgehen, schimpfe ich jetzt nicht mehr, wenn die Kinder ihr Eis auf Sitzgurte schmieren oder alte Zeitschriften schreddern. Wenn es nur in all diesen Gefährten so dreckig aussieht wie auf der Straße, fallen sie gar nicht mehr weiter auf. Mimikry nennt man das. Trotzdem würde ich, falls mir jemand einen Baden-Württemberg-Aufkleber schickt, den gerne aufs Rad kleben. Ein wenig Solidarität muss nämlich sein.

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6 Kommentare

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  • DL
    der lentz

    ach gottchen

    "der schwabe an sich" steht halt für kehrwoche, ordentliche lebensführung, strebsamkeit, und belästigung von transitreisenden die nicht seinen vorstellungen entsprechen.

    klar sind das vorurteile

    aber jeder der vom dorf in die stadt kommt bringt halt auch ein stück dorf mit

    und selbst wenn er/sie einst von dort gerade wegen der dortigen asozialität(berlin hatt eine prokopfkriminalität die niedriger als der dörfliche durchschnitt ist-und die leute dort kennen sich; d.h. sie meinens peröhnlich)geflohen ist, so fallen doch die meisten nach ausleben ihrer wilden jugend in genau diese verhaltensmuster zurück

    wenn sie dann in einem gebiet die mehrheit stellen und deshalb die normative kraft werden dann ist es tot.

    als erstes der bolzplatz ab 20uhr geschlossen

    dann die kneipen usw usf

    ich habe durchaus verständniss

    währe ich nicht damit aufgewachsen würde mich die baustelle nebenann, oder die kneipe gegenüber warscheinlich auch wecken.

    nur;

    wie lange wird es meinen natürlichen lebensraum noch geben?

    ich kann es denen die anfangen ihren zu verteidigen nicht wirklich verdenken

  • V
    vic

    "Ist die Hauptstadt böse?" ´

    Möchte die Entscheidung des Tages wissen.

    Nö, Ganz Berlin nicht.

     

    Und alle Schwaben sind auch nicht, wie manche unter ihnen.

     

    @Hallo Wach

    würde ich in der Großstadt leben, hätte ich auch kein Auto. Auch kein Kleines, wie ich eins habe.

  • HW
    Hallo Wach

    Autoanzünden ist selbstverständlich Sachbeschädigung, die geahndet werden muss.

    Wer selber Auto fährt ist allerdings ebenfalls an Sachbeschädigung beteiligt, und dies in weit größerem Maßstab, als ein paar abgebrannte Kisten.

     

    Frau Tenberg, wenn Sie allein 50.000 km zurückgelegt haben, haben Sie schon mehr volkswirtschaftlichen Schaden verursacht, als der Neupreis ihres Wagens. Was ist denn ein verkohlter Daimler, gegen den Knochenbruch eines Kindes? Was sind zehn verbrannte Kisten gegen weit verbreitetes Asthma?

     

    Schreiben Sie doch mal darüber! Das ist Ihnen so lange egal, bis es sie selber trifft.

    Ach - geht nicht - Sie fahren ja selber Auto. Dann bleibt ihnen nichts Anderes, als Angst zu haben, dass Ihre olle Karre auch abbrennt, und darüber laut zu lamentieren.

  • S
    Schwabe

    Es gibt eben ein berlinozentrisches Weltbild. Auch in den großen Blogs tauchen bestimmte Dinge erst auf, wenn sie real in Berlin aufgetaucht sind. Vorher existieren sie gar nicht. Gäbe es keine Schwaben in Berlin, der Berliner wüsste vermutlich nichts von ihrer Existenz. Würden nicht alle aus aller Welt irgendwie nach Berlin gehen wollen, so wüsste der Berliner rein überhaupt gar nichts.

  • D
    Dirk

    Es wird Zeit, dass der Hass auf Schaben als das bezeichnet wird, was er ist: Rassismus!

    Hier werden einer Gruppe negative Eigenschaften zugeschrieben und zum Tot dieser Gruppe wird aufgerufen. Das ist kein Witz und es war auch noch nie einer. Es ist sehr ernst, wie spätestens mit dem Bekenntnis des Briefträgers jeder kapiert haben sollten (was aber eigentlich schon viel früher zu verstehen war).

    Schluss mit Rassismus, Schluß mit sozialer Ausgrenzung! Für ein solidarisches Miteinander und einen stärkeren sozialen Ausgleich im Prenzlauer Berg und anderswo!

  • T
    Thomas

    Ich finde ein "Stuttgart 21" (durchgestrichen) Bäpper würde reichen. Wohin soll der geschickt werden?

    Grüße aus Stuttgart ;)