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Kolumne HabseligkeitenMit den Zierhühnern ums Feuer herum

Kolumne
von Natalie Tenberg

Wer braucht schon ein Planschbecken, größer als ein Teebecher?

V iele schöne Jahre lang hat uns die Loggia am Wohnzimmer gereicht. Einen Garten, so unsere Überzeugung, brauchen wir nicht. Wozu auch? Schließlich führt die Sehnsucht nach ein paar Quadratmetern Scholle oft zu dem schlimmsten Nebenwirkungen: Bevor man "Wüstenrot" oder "Schwäbisch Hall" sagen kann, hat man schon einen Makler an den Hacken, kurz danach ein Haus im Portfolio, einen Carport und, wenn es ganz schlimm läuft, noch eine sonnengelbe Putzfassade, hinter der man sich den Kopf über Gemeindesteuern zerbricht.

Wir wollten das alles nicht. An lauen Sommerabenden öffneten wir unsere maroden Kastenfenster, tagsüber gammelten wir auf dem Spielplatz herum. Das sollte reichen, alles andere sei furchtbar unpraktisch und überflüssig.

Auch die Ratschläge von Freunden aus fernen Kleinstädten konnten nicht überzeugen. "Mit Kindern braucht man einen Garten!", sagten sie und ließen ihre eigenen Parzellen mit Sandkästen und Spiellandschaften ausstatten, in denen sich die Kinder angeblich wahnsinnig gut selber beschäftigten. Wir sahen das nicht. Zwar freuten sich unsere Töchter, wenn sie im Sommer bei der Oma in einem Planschbecken sitzen konnten, das größer war als ein Teebecher.

Bild: taz
NATALIE TENBERG

ist Redakteurin im taz-Ressort "Gesellschaft, Kultur & Medien".

Die meiste Zeit aber standen sie nur unschlüssig auf dem Rasen herum und überlegten, was dieses ungewohnte Grün unter ihren Füßen war. Außerdem würden wir alle mit einem Garten, so meine Theorie, von sozialen Wesen zu Einzelgängern verkümmern.

Berichte aus den Randbezirken Berlins, wo es angeblich sogar leere Spielplätze gibt, unterfütterten meine Vorbehalte genauso wie die jährliche Weihnachtsparty bei Freunden in Norddeutschland. Trotz Schnee, Eis oder Nieselregen mussten wir mit den dort lebenden Zierhühnern um das Feuer herumschleichen und das wachsende Outdoor-Equipment des Hausherrn bewundern: in einem Jahr die Feuerschale und den Grill, im nächsten den Glühweinbereiter, später den mit Kohle befeuerten Eintopfofen. Ein Garten, sagte ich mir, mache sonderlich.

Doch da arbeitete ich schon gegen das Gefühl, ein Garten könne doch das Richtige für uns sein. Mir kam der Gedanke, wenn ich müde war, wenn ich wieder keine Lust hatte, dauernd mit Wechselwäsche und Wickeltasche unterwegs zu sein. Wenn ich mich darüber ärgerte, dass es bald ein Grillverbot im Tiergarten geben sollte.

Und als unser Freund Markus mit einer Dose Bier und einer Zigarette bei uns saß. "Ich bin ohne Garten aufgewachsen, und es hat mir nicht geschadet!", verteidigte er unser städtisches Wohnmodell. Er sah blass aus, und ich stellte mir vor, wie bald das Rosige aus den Wangen unserer Kinder weichen würde. Wie sie mit den Jahren immer kränklicher würden, bis sie am Ende genauso anämisch wirkten wie Markus.

"Wir probieren es", beschlossen wir also und begannen zu suchen. Wir fangen nun unsere Outdoor-Sonderlings-Karriere mit einer Wohnung mit Garten an. Niemals, so der Deal, werden wir im Fertighaus "Toskana" landen. Niemals einen Carport besitzen oder einen Teich anlegen. Wegen der Hühner aber ließe ich mit mir reden.

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