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Kolumne GonzoDas Ein-Mann-Widerstandsnest

Kommentar von Stefan Kuzmany

Mein Freund Brian hat die Love Parade erfunden und einen Ferrari versenkt. Wenn nur die Hälfte stimmt.

Bild: taz

Stefan Kuzmany, 34, lügt wie gedruckt. Auch online. Aber nur in seiner Gonzo-Kolumne. Andererseits: Auch diese Information könnte eine Lüge sein.

Ich muss Brian besuchen. Schon seit Wochen schiebe ich es vor mir her, es wird wohl ein sehr trauriger Anblick sein, den er bietet, im Krankenhaus. Brian hatte einen Schlaganfall, jetzt kann er nur noch den rechten Arm bewegen und seinen Kopf. Immerhin, reden kann er noch.

Hoffentlich wird er bald wieder gesund. Brians Wohnung ist die letzte Bastion in der Sredzkistraße im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Die ganze Straße ist in den letzten Jahren bis zur Unkenntlichkeit saniert worden, bevölkert von jungen Menschen, die irgendwas mit Medien machen, an der Ecke betreibt ein Ex-Stasi-Mann ein hervorragend laufendes Café, in dem man am Wochenende auch mal Franzi van Almsick dabei beobachten kann, wie sie Brötchen kauft, perfekt getarnt mit einer Sonnenbrille in der Masse der Sonnenbrillen tragenden jungen Leute, die ihre Sportwagen in der zweiten Reihe geparkt haben, während sie auf ihre Dinkelbackwaren warten.

Aber nicht so Brian: Der Mann ist ein Ein-Mann-Widerstandsnest. Abends, wenn unter seiner Wohnung das gut gekleidete Publikum auf der Straße vor dem schicken Café sitzt, macht er die Fenster auf, stellt seine Boxen hin und dreht auf. Rock n Roll!

Kennengelernt habe ich ihn, als er bei seiner damaligen Nachbarin, meiner Freundin, klingelte und danach verlangte, die Badewanne benützen zu dürfen, er habe ja schließlich keine, und da sei es doch nur recht und billig, wenn jemand, der eine hat, sie teilt. Offensichtlich wollte er die Wanne am liebsten mit meiner Freundin teilen, aber darauf hatte sie keine Lust.

Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was er erzählt, ist Brian Brite, hat schon für sämtliche Rockstars dieses Erdballs als Roadie gearbeitet, hat einmal in Amsterdam einen Ferrari nur aus Spaß in einem Kanal versenkt und hat bei der allerersten Love Parade, die ja noch eine auf die Straße verlegte Geburtstagsfeier war, die Idee gehabt, ein paar Boxen in einen Kleinbus zu stellen und die Passanten zu beschallen. Eigentlich hat er die Love Parade erfunden. Und einmal einen Job beim Berliner Senat gehabt, irgendwas mit Kultur, und ein Büro, das neben dem von Wowereit lag, als Wowereit noch nichts war. Und schon jede Droge ausprobiert. Na ja, das stimmt wohl ziemlich sicher.

Ist aber alles lange her. Irgendwann hat Brian festgestellt, dass er nichts mehr auf die Reihe bekommt, hat sich ein Burn-out-Syndrom diagnostizieren lassen und lebt seither von der Stütze, gemeinsam mit seinem treuen Hund "Dunno", kurz für "Dont know", was sich wohl auf die Rasse des Hundes bezieht. Jetzt ist er hauptberuflich Erzähler seiner eigenen Biografie und Zeitzeuge der Jahre, "in denen sich die Polizei nicht in die Sredzki getraut hat". Wenn nur die Hälfte stimmt.

Was sicher stimmt: Ohne ihn ist diese Straße tot. Also: Werd gesund, Alter!

Fragen zu Brian? kolumne@taz.de MORGEN: Arno Frank über das GESCHÖPF CHE

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