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Kolumne GerüchteEin Einkaufswagen voller Abenteuer

Wer will, kann Erlebnisse wie einen Workshop im Eisbaden verschenken. Aber will der Beschenkte so etwas überhaupt?

D ie Hirnforschung sagt, dass es nicht der Kauf von Dingen, sondern Erfahrungen und besondere Erlebnisse sind, die uns heiter stimmen. Dieser Meinung ist auch Jochen Schweizer.

Der 53-jährige Ex-Stuntman führt Deutschlands größte Eventagentur für "Erlebnisgeschenke". "Erlebnisse sind unvergesslich" ist seine Devise, auch ich habe mich durch seine Internetseiten geklickt, um vielleicht noch eine Idee zu bekommen für ein Weihnachtsgeschenk. Über 900 Gutscheine für Events hat Schweizer im Angebot, man kann sich an einem Hafenkran abseilen, einen Workshop im Eisbaden absolvieren oder mit Baggern auf Kiesgruben herumgraben.

Die Schenkende klickt die Gutscheine für die Abenteuer an, als erwerbe sie Bücher bei Amazon, und darf dann einen ganzen Einkaufswagen mit tollen Erfahrungen für die Lieben zur Kasse schieben. Das Problem ist nur: Die Gutscheine müssen eingelöst werden.

Bild: taz

Barbara Dribbusch ist Redakteurin für Soziales im Inlandsressort der taz.

Winfried zum Beispiel hat den Gutschein für den Jodelkurs an Thomas zurückgegeben. Es war ihm dann doch "zu schräg", wie Winfried einräumte. Dabei winkte ihm die Unterweisung in Jodelarten wie Gipfel-, Alm-, Dialog- und Echojodeln. Vielleicht schreckte ihn die Anforderung, "eine gute Kondition" haben zu müssen für den achtstündigen Unterrichtsblock.

Mein Sportpartner Pit wiederum drückt sich vor dem Einlösen des eintägigen Schnupperkurses im Blockhausbauen. Dabei wird ihm laut Kursbeschreibung die "kompetente Einführung in die Techniken der Rundstammverbauung" versprochen, ergänzt durch das "Aufzeigen der häufigsten Fehlerquellen" beim Hüttenbau. 124 Euro kostet der Gutschein, er ist ganze drei Jahre gültig.

Gutscheine kann man nur in andere Gutscheine umtauschen, nicht in Geld. Wer etwa zu viel Angst hat vor dem Tandemsprung aus dem Flugzeug in Brandenburg, kann dafür eine Nacht in einem Knast bei Dresden verbringen, inklusive Sträflingskleidung, Soljanka und Einschluss. Da bleibt dann sogar noch etwas übrig für die anschließende Teilnahme an einer Flussbettwanderung in Baden-Württemberg.

Christoph gegenüber habe ich probehalber jetzt von Hundeschlittentouren in Schweden gesprochen, ganz unverfänglich, ohne einen Gutschein zu erwähnen. Doch er fragte nur abweisend zurück: "Geht's noch kälter?" Ich führte nicht weiter aus, dass die Bereitstellung von polartauglicher Thermokleidung zum Gesamtpaket gehört und es ein bestimmt unvergessliches Erlebnis sein kann, am Abend bei Erreichen der Wildnishütte erst die Hunde abzuschirren und dann Holz zu hacken für das Feuer im Ofen.

Vielleicht sollte ich lieber eine Anspielung machen auf das "Floating" im Salzwassertank, "zuerst mit leichter Deckenbeleuchtung und sanfter Musik, nachher in völliger Dunkelheit und Ruhe". Aber bei so was kann man auch ausflippen.

Doch Weihnachten rückt näher - nächste Woche ist es so weit. Christoph hat mich kürzlich leichthin gefragt, was ich denn von einem "Crashkurs" (!) im Flugsimulator hielte, in dem man lerne, ein Passagierflugzeug zu landen. Ich bin bereit zu einem Deal: Ich mache mit, werde ich ihm sagen. Aber nur, wenn er endlich den Kombi-Gutschein einlöst für das Schneeschuhwandern inklusive Mehlspeisenkochkurs in Tirol, nur für uns zwei. Der ist noch vom letzten Jahr.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

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