Kolumne Fußball und Religion: Luigi, der geschützte Fußballheilige
2010 wurde Luigi Scrosoppi zum Fußballheiligen geweiht, nun ist ein Buch über ihn erschienen. Geld verdienen mit Luigi darf nur eine Südtiroler Heiligenschnitzerfamilie.
B loß nicht nachschnitzen! Der "Heilige Luigi Scrosoppi - das Original" ist geschützt. Nur die Südtiroler Heiligenschnitzer des Familienbetriebs "Ferdinand Stuflesser 1875" dürfen an diesem Heiligen verdienen.
Die fertigen den als Schutzpatron der Fußballer noch relativ frisch gekürten Mann - im August 2010 wurde Scrosoppi in der Pfarrei Pörtschach am Wörther See zum Fußballheiligen geweiht - für alle Interessierten in jeder Größe an. Holz, Bronze, Marmor: den frommen Mönch gibt es aus beinahe jedem denkmalfähigen Material.
Das Original vom "Heiligen Luigi Scrosoppi - dem Original" steht in Pörtschach in Kärnten. Kein Wunder. Denn der, der sich gefragt hat, warum es eigentlich keinen Schutzpatron für den Fußball gibt, ist ein Geschäftsmann aus Kärnten. Ihm gehören die Rechte an allen Devotionalien, und wenn im nächsten Jahr EM-Fußball im katholischen Polen gespielt wird, dann könnte sich die Eingebung von Manfred Pesek, das ist der Geschäftsmann, schon gelohnt haben.
Von dieser beinahe himmlischen Botschaft wird auch in einem kleinen Büchlein über den Schutzpatron berichtet, das gerade im SGV-Verlag erschienen ist. "So gehts Verlag" nennt sich das Haus selbst. Es verlegt Bücher für Geschäftemacher. Auch solche haben Eingebungen.
ANDREAS RÜTTENAUER ist Sportredakteur der taz.
Jener Manfred Pesek will mal in Neapel gewesen sein, sich dort mit den Ortspatron San Gennaro beschäftigt haben und sich beim Heimflug über das San-Paolo-Stadion des SSC Neapel gefragt haben, wie es eigentlich um einen Fußballheiligen bestellt ist.
Die Idee war geboren. Jetzt brauchte man noch einen echten Heiligen, einen mit echtem Wunder. Ein Fußballheiliger (Hans Krankl?), der an einem Fußballwunder (Cordoba?) beteiligt war, reichte nicht aus. Von der katholischen Kirche anerkannte Wunder gibt es zuhauf.
Schlechte Zeiten für neue Wunder
Ein neues Wunder wollte man wohl nicht anerkennen, weswegen Zehntausende stinksauer sind, die im Himmel auf ihre Selig- oder Heiligsprechung warten, weil man ihnen auf irgendeinem Kreuzzug wegen ihres christlichen Glaubens mal einen Pfeil ins Bein geschossen hat, weil sie gebetet haben wollen, während sie einen Brunnen gegraben haben und plötzlich auf Wasser gestoßen sind, mit dem sie den tödlichen Durst ihrer Kinder löschen konnten, oder weil sich - immer wenn sie sich Nägel durch die Handflächen schlugen - bei ihnen Wundmale wie beim Gekreuzigten Jesus abzeichneten.
Nix da! Ausgewählt wurde Luigi Scrosoppi, den Papst Johannes Paul II. im Jahre des Herrn 2001 heiliggesprochen hat. Der hat zu einer Zeit in Udine gelebt und gewirkt, als noch die wenigsten wussten, was Fußball ist und schon gar nicht, was er einmal werden könnte: von 1804 bis 1884. Er war ein Mönch, der die Ordensgemeinschaft der "Schwestern von der Göttlichen Vorsehung vom heiligen Gaetano Thiene" gegründet hat.
Auch dieser fromme Gaetane Thiene hat nur sehr indirekt etwas mit Fußball zu tun. Seine Gebeine liegen in Neapel in der Kirche, die San Paolo geweiht ist, jenem Heiligen, nach dem das Stadion des SSC Neapel benannt ist.
"Arbeite, leide und schweige!"
Auch das Wunder, das für Luigi Scrosoppis Heiligsprechung nachgewiesen werden musste, hat nur äußerst indirekt etwas mit Fußball zu tun. 1986 soll Luigi einem gewissen Peter Changu Shitima aus Sambia im Traum erschienen sein, woraufhin dieser aidskranke Mann umgehend gesundete. Was das mit Fußball zu tun hat? Das Wunder geschah in Südafrika, dem WM-Land 2010.
"Arbeite, leide und schweige!" Dass zumindest das überlieferte Lebensmotto Luigis zum Fußball passt, wird jeder Profi bestätigen, der schon einmal unter Felix Magath trainieren musste. Und so hat es vielleicht doch seine guten Gründe, dass in der Kirche von Pörtschach eine Figur des guten, alten Heiligen steht, die einen Fußball in der Hand hält. Eine anbetungsfähige Geschäftsidee.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!