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Kolumne Finnisch für AnfängerUusikaupunki bald ohne Porsche

Ines Kappert
Kolumne
von Ines Kappert

Wie eine Kleinstadt im Südwesten Finnlands den schleppenden Autoumsatz kompensiert: Mit Indoor-Skilaufen.

Und was willst du in Uusikaupunki?" - "Sehen, wie es bei euch so auf dem Land zugeht." Die Antwort befriedigt Helsinkier nicht. Ihrer Ansicht nach stünde es mir als Touristin besser an, in Lappland fischen zu gehen oder durch das sogenannte Südwest-Archipel zu schippern. Ich will aber zunächst in die Kleinstadt im Südwesten Finnlands, in der seit 1968 exquisite Autos gefertigt werden. Bis 2003 lief hier der Saab vom Band; heute produziert man Porsche Boxster und Caiman.

Bild: taz

Ines Kappert ist Redakteurin im taz-Meinungsressort.

Im Herbst 2009 soll die Produktion in Uusikaupunki auf neue Golfwägelchen und schwerpunktmäßig auf Hybridautos umstellt werden. Die Verträge mit Porsche laufen 2011 aus. Aber auch das neue Umweltauto ist an den Automobilfetischisten adressiert. Zwar schafft der Fisker Karma nur rund 80 Kilometer, bis er an die Steckdose muss - aber dafür ist er "schnell und sieht super aus", klärt mich ein Arbeiter des Automuseums auf, das ebenfalls auf dem Fabrikgelände angesiedelt ist. "Ich hoffe sehr, dass das reicht", fügt er nicht ganz überzeugt hinzu.

Die Pressesprecherin kann die aktuellen Zahlen nicht finden. Aber ich könne ruhig schreiben, dass auch sie wegen der Krise bereits Entlassungen vornehmen mussten. Dann liefert sie die für die Öffentlichkeit bestimmten Daten nach: Produktionsrückgang im Vergleich von Januar bis März 2008 pro Monat bislang knapp ein Drittel.

Wenn die altgediente Produktion sich verabschiedet, soll die Unterhaltungsindustrie es richten: In dem verschlafenen 10.000-Einwohner-Ort Uusikaupunki ist seit vier Jahren Indoor-Skilaufen möglich. Alle Einwohner, die ich nach dem - dank des Klimawechsels - neuen Hallensport frage, geben sich unisono Mühe, meine Skepsis auszuräumen. Immerhin ginge es darum, die finnische Tradition des Langlaufs aufrechtzuerhalten, trotz der mittlerweile schneearmen Winter. Schulen müssten die Ski-Stunden nun nicht mehr absagen; und auch die Älteren seien zufrieden. Diesen Sommer ist der Tunnel erstmals geschlossen. Zu wenig Besucher, geben die Betreiber zu. Die nächste geplante Skiröhre wird den Helsinkier Stadtpark unterlaufen. Sie öffnet der amtlichen Voraussicht nach in drei Jahren.

Die Promenade am Yachthafen wird am Wochenende im fliegenden Wechsel mit finnischem Tango und finnischem Rock beschallt. Auf dem Weg zu meinem Motel überholt mich ein total runtergekommener schwarzer Chevy aus den 70ern, auf seinem Kühler weht eine blonde Perücke. In meiner Unterkunft angekommen erweist er sich als Vorbote: Die goldenen 70er fast ohne Korrekturen in Sachen Mobiliar oder Personal empfangen mich. Aki-Kaurismäki-Land, here I am. Ein Kellner im schwarzen Anzug und irgendwie weißem Hemd, der nicht wirklich mit der Bierversorgung der Gäste beauftragt scheint, trägt meine finnische Lieblingsfrisur: schulterlange, aus der Stirn zurückgekämmte Haare, fettig bis in die Spitzen. Meinen Gruß erwidert er naturgemäß nicht. Auch das originale Eigentümerpärchen ist geblieben und hat Schaden genommen. Mein Zimmer ist in Braungrün gehalten; das langgezogene, rechteckige Fenster mit dunkler Holz- und Vorhangverkleidung gibt den Blick frei auf einen Birkenwald - wie eine zu kurz geratene Kinoleinwand. Zufrieden rufe ich die Rezeption an, um herauszufinden, wann Frauensauna ist.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.

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