Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Transfer für 6 Milliarden Trinkhalme
Im Profifußball werden immer höhere Irrsinnssummen für Spieler ausgegeben. Da ist es durchaus verständlich, das Cristiano Ronaldo nun auch mehr Geld will.
![](https://taz.de/picture/194386/14/ronaldo_reuters_120912.jpg)
C ristiano Ronaldo, der „beste Fußballspieler der Welt“ (Ronaldo über Ronaldo), ist traurig. Beim 3:0 von L’Oreal Madrid gegen Granada schoss er seine ersten beiden Saisontore, jubelte aber überhaupt nicht, sondern verkündete nach Spielende: „Ich bin traurig.“ Warum? Wieso? Weshalb? Der Mann hat doch alles, ist komplett enthaart (bis auf seine Gelmatte), ist reich, schön (na ja) und erfolgreich.
Der Grund für Ronaldos Spontandepression war eine am gleichen Tag von der Sportzeitung As veröffentlichte Liste der am besten verdienenden Fußballprofis. Und da taucht der „beste Stürmer der Welt“ (Ronaldo über Ronaldo) erst auf Platz 10 auf. Nun geht es Ronaldo „nicht ums Geld“, wie er betont, sondern um die Ehre.
Vielleicht könnte Real Madrid also einfach öffentlich behaupten, er würde mehr Geld bekommen, aber dann kämen sicher Özil, Casillas und Co und würden auch mehr Gehalt wollen und zu guter Letzt wäre alles wie ein Monopoly-Spiel am Ende eines langen Spieleabends mit Hotels auf Schlossallee und Parkstraße und selbst gemalten 10.000er Geld- und Schuldscheinen, quasi EZB für jedermann.
Genauso irreal wie der Wechsel von Javi Martinez zum FC Bayern. 40 Millionen Euro stand auf dem Scheck, den Karl-Heinz Rummenigge unterschreiben musste, um den 24-jährigen Spanier nach München zu lotsen. Für das gleiche Geld hätte man zwei komplette documentas in Kassel veranstalten können. Oder im „1-Euro-Shop“ sechs Milliarden Trinkhalme kaufen können, 160 Millionen Korkuntersetzer oder 80 Millionen Flaschen Scheuermilch mit Citrusduft oder aber 40 Millionen Aluwindschutzscheibenfrostschutzmatten fürs Auto, also für jeden zweiten Deutschen eine.
181 Millionen für vier Spieler
Vielleicht kommt sogar eine noch höhere Summe zustande, denn nun ist Martinez’ Ex-Ex-Verein CA Osasuna auf den Plan getreten und will 800.000 Euro Ausbildungsentschädigung vom FC Bayern. Angeblich hat sich jetzt auch die Escuela Primaria in Estella, die ehemalige Grundschule von Javi Martinez, bei Rummenigge gemeldet und will 200.000 Euro für die Zeit zwischen 1994 und 1998, als der Profi dort die erste bis vierte Klasse besuchte. Aber selbst für 41 Millionen: Martinez ist ein Schnäppchen, denn er ist immerhin spanischer Nationalspieler und Europameister!
Der russische Verein Zenit St. Petersburg hat soeben 100 Millionen Euro für die Transfers der beiden Spieler Hulk und Witsel ausgegeben. Hulk & Witsel?! Ein Wrestler und ein Comedian? Die russische Antwort auf Joko & Klaas? Des Rätsels Lösung: Hulk ist ein brasilianischer Stürmer und Axel Witsel ein belgischer Nationalspieler, also aus dem Land, das die letzten fünf WM- und EM-Qualifikationen versemmelt hat.
Einen anderen Belgier hat der FC Chelsea für 40 Millionen gekauft, und zwar nur wegen des Namens. Eden Hazard (auf Deutsch: Gefahr) heißt der gute Mann und Chelsea erhofft sich von dem 21-Jährigen Torgefahr. Klingt nach einem echt guten Investment! (Man soll ja Aktien und Spieler immer kaufen, wenn sie am Boden sind oder sie noch keine Sau kennt.)
Der FC Bayern wird Martinez am Samstag gegen Mainz vielleicht zum ersten Mal über 90 Minuten präsentieren, vielleicht aber auch nicht, weil Trainer Heynckes gesagt hat, dass er auf Transfersummen keine Rücksichten nimmt. Möglicherweise spielt also für den Rest der Saison immer Luis Gustavo und Javi Martinez verschmort auf der Bank. Betonung auf Bank.
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