piwik no script img

Kolumne Die KriegsreporterinFuck-don't-stop in Budapest

Kolumne
von Silke Burmester

Hengstparade in der ARD: Ein Senioren-Porno? Vielleicht einfach nur ein Titel, der auch für die Ergo-Auszeichnungssause treffend zu sein scheint.

H allo taz-Medienredaktion,

manche Frauen haben einfach kein gutes Händchen. Nicht, was Männer anbelangt. Patricia Riekel zum Beispiel. Hat sich einen Mann gesucht, der sie - so meine schmierigen Informanten - am Heiligen Abend allein zu Hause lässt, um mit Frau und Kind zu feiern, und einen Politikchef, der sich auf Leute mit unlauteren Recherchemethoden einlässt.

Frau Riekel sagt zu dem Sachverhalt, dass Politikchef Tobias Lobe und eine junge Kollegin aus der Livestyle-Abteilung der Bunten zum Ausspionieren eines Bundespolitikers mit jemandem kooperierten, der nicht nach Netzwerk-Recherche-Regeln arbeitet: "Ich bin geschockt, dass zwei Kollegen so wenig Instinkt und Vorsicht haben walten lassen, weil wir durch die Vorkommnisse des vergangenen Jahres doch ohnehin sensibilisiert sind."

Frau Riekel und der gesunde Menschenverstand

Wer mich kennt, weiß, dass ich über die Fähigkeit verfüge, in anderer Leute Gedanken spazieren zu gehen. Von daher weiß ich, dass Frau Riekel geradezu zernagt wird von Zweifeln an ihrem gesunden Menschenverstand: "Wo der Lobe doch so einen guten Leumund hat!", denkt sie. "Schließlich kommt er von der Bild. Dass einer, der noch dazu alles tut, um auszusehen wie der Diekmann, zu solchen Mitteln greifen soll, das kann ich einfach nicht glauben!"

Aber nicht nur in München ist die Welt aus den Fugen geraten, auch Stefan Mappus sieht sich gezwungen, die Dinge gerade zu rücken. Schuld an seiner Abwahl seien die Journalisten, deutete der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg auf dem Parteitag in Ludwigsburg seine Lage. Ihr Motiv: einen der gut dotierten Sprecherposten der neuen Landesregierung zu ergattern.

Bild: taz
SILKE BURMESTER

berichtet wöchentlich von der Medienfront. Feldpost? Mail an kriegsreporterin@taz.de.

Scheiße, manchmal bin ich echt zu naiv. An so was denke ich gar nicht! Das nächste Mal schreib ich auch einen aus dem Amt. "Die Schröder ist ne doofe Kuh", schreib ich dann. Oder: "Frau Merkel versteht nur Bahnhof und ist auch sonst nicht frisch." Wobei das unfair wäre, schließlich nimmt die CDU nie Journalisten für die Sprecherposten. Steffen Seibert soll sich ja früher als Seifenverkäufer durchgeschlagen haben.

Bumsen bis der Arzt kommt

Apropos Verkäufer! Wir Medienleute dürfen nicht länger den Versicherungsshop Ergo als "Porno-Versicherung" bezeichnen. Sie erinnern sich: Fuck-don't-stop in Budapest für die erfolgreichsten Aufschwätzer. Bumsen bis der Arzt kommt und Asti Spumante auf Firmenkosten! Ergo sieht in der Bezeichnung, die das Onlineportal iBusiness auf seiner Website wählte, das "Unternehmenspersönlichkeitsrecht des Konzerns" verletzt.

Ich kann das Vorgehen gegen iBusiness gut nachvollziehen. Denn obschon Ergo mit dem Slogan wirbt: "Versichern heißt verstehen", kann Mann sich gegen vorzeitigen Samenerguss ebenso wenig versichern wie gegen Geschlechtskrankheiten oder geheiratet werden wollen von Prostituierten, was ziemlich lästig ist, aber in der Natur der Reisen in Billigbumsländer liegt, schließlich ist ein Versicherungsvertreter für eine osteuropäische Prostituierte naturgemäß so etwas wie ein Sechser im Lotto.

Womit ich auf den Spielfilm der ARD vom vergangenen Freitag verweisen möchte: "Hengstparade". Ein Titel, der auch für die Ergo-Auszeichnungssause treffend zu sein scheint. Wenn man allerdings die Besetzung liest, Christiane Hörbiger und Michael Mendl, liegt der Schluss nahe, die Degeto sei jetzt beim Senioren-Porno angekommen. Die "Hengstparade" muss dann aber doch so harmlos gewesen sein, dass sie dem Mediendienst der Evangelischen Kirche einen Tagestipp wert war. Womit ich einmal mehr das Versäumnis der Parade beweine und zurückgebe nach Berlin!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Kolumnistin
Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • S
    sascha

    frech, klug, amusänt! deine kolumne verdient meiner meinung nach mehr beachtung. vielleicht wäre ein männliches pseudonym hilfreich, so als aufmerksamkeitssteigerndes mittel?

  • G
    Grimma

    Das war dermaßen unter der Gürtellinie wie es sich nicht mal die Bunte erlaubt hätte.