Kolumne Die Kriegsreporterin: Immer die Finger in Pastete
Der Mandarin-Text fällt aus, dafür gibt es ja Bernd Buchholz. Der Gruner-&-Jahr-Vorsitzende hat auch zugesichert, dass er aus dem Verlag kein Versandhaus macht.
H allo, taz-Medienredaktion!
Ihr habt Glück, eigentlich sollte dieser Text auf Mandarin erscheinen. Ich plante, mir ausnahmsweise am Springer Verlag ein Beispiel zu nehmen, der in Graz eine Gratispostille an Chinesen verteilen lassen will, und mir die Kaufkräftigen gewogen zu machen. Doch leider wurde die Übersetzerin in Peking festgehalten und wird aktuell noch gefoltert.
Von wegen Pressefreiheit. Ist ja nicht das oberste Gut in China. Egal! Wer braucht schon einen Text auf Mandarin, wenn er Bernd Buchholz hat.
Der Gruner-&-Jahr-Vorstandsvorsitzende, der nicht nur kürzlich sagte, wie gern er die "Finger in der Pastete" habe, also wohl auch in den chinesischen Märkten, sondern der "manchmal neidisch ist auf Journalisten", wie er dem Handelsblatt mitteilte. Das wirkt wie Hohn auf viele, die für Buchholz arbeiten: auf die Festangestellten, die bei G & J auf dem Zahnfleisch gehen.
Nein, nicht die Ressortleiter von Geo, mit denen Bernd sich womöglich an der Alster auf ein Segeltörnchen trifft, nein, die, die nicht so hanseatisch sind. Die, die diesen ganzen Schrott wegschrubben, der mittlerweile als "Journalismus" verkauft wird, und eine Line-Extension nach der anderen ins Gewirr werfen.
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Und nicht mal mehr Redaktionsassistenten haben, denen sie die U-Bahn-Tickets zur Abrechnung hinlegen könnten. Und auf die Freien, die für 200 Euro Tagessatz bei der FTD am News-Balken sitzen oder 500 Euro für eine Auslandsreisereportage bei Geolino bekommen, ohne Übernahme der Reisekosten oder Spesen.
Aber Herr Buchholz, der neugierige Journalist, wäre nicht allein. Freischreiber, die Kämpfer für Gerechtigkeit, wären an seiner Seite und damit auch ich.
Gerade haben wir den "Code of Fairness" (CoF) herausgebracht, einen Katalog, der die Mindestanforderungen für die faire Zusammenarbeit zwischen Freien und Verlagen formuliert - Zahlung bei Abgabe, Zahlung der bestellten Menge, keine Nötigung zu PR - und im Netz anzugucken unter www.freischreiber.de.
Am kommenden Montag wird der Spirit des CoF mittels einer Glückskeks-Verteilaktion in die Welt gesetzt. Bei Gruner geht es los, weitere Verlagshäuser in Deutschland werden folgen: "Reagier auf Themenvorschläge, und dir wird ewiges Leben beschieden sein" oder so ähnlich steht darin. Das wird mit Sicherheit sehr lustig, schließlich können die ja lesen.
Postkarten mit Tierfotos
Gruner & Jahr, das hat Buchholz auch gesagt, werde nun doch kein Versandhaus werden. Was ja sehr beruhigt, schließlich hat man keine Lust, um an einen Auftrag zu kommen, erst mal zehn Heizdecken verkaufen zu müssen. Dass die Kalender und Postkarten mit Tierfotos verscherbeln, das reicht schon.
Schön wäre auch ein Vorher-Nachher-Attentatskalender von New York, aber das ist wohl zu pfiffig. Stattdessen tun die anderen so, als hätten sie ein Exklusivrecht auf den Action Day.
"Mein 11. September" heißt etwa der Film, in dem Joschka Fischer und Otto Schily beschreiben, wie es war, "Als der Anschlag die deutsche Regierung traf". Was ja eine etwas großzügige Interpretation der Ereignisse ist, denn bei allem Verfolgungswahn, dem die beiden Herren mittlerweile erlegen sein mögen, hatte al-Qaida es - soweit mir bekannt - gar nicht auf die beiden abgesehen.
Großzügiges Denken lässt auch der Filmproduzent Oliver Berben bei der Besetzung der Rollen walten und bringt, wann immer eine Frau unter 15 Jahren ins Spiel kommt, seine Mutter Iris unter.
Nun wird er fürs ZDF Ferdinand von Schirachs Kriminalfallbuch "Verbrechen" umsetzen. Opfer, Mutter, Nachbarin, Topfpflanze, Zwillingsschwestern, Frau in Telefonzelle? Richtig! Mutter Iris. Und damit zurück nach Berlin!
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