Kolumne Die Kriegsreporterin: Wo rieseln denn nur die Cornflakes?
Krieg gegen den Terror, Einspielfilme und in der Gesprächsrunde Jürgen Klinsmann zusammen mit Elke Heidenreich. Günter Jauchs Konzept ist wohl bekannt.
H allo, taz-Medienredaktion!
Ich begrüße euch zu zehn Jahren "Krieg gegen Terror" und damit zu zehn Jahren kritikloser Übernahme amerikanischen Sprachdünnschisses. Der fiel ja wie Streubomben auf die Schreibtische der Kollegen, die hiervon bis heute fleißig Gebrauch machen.
Aber auch Schönes haben die Tage der Erschütterung gebracht, so möchte ich "die Achse des Bösen" gar nicht mehr aus meinem Sprachköfferchen wegdenken.
Glücklicherweise fiel der 11. September auf den Sonntag, und so konnten die Medien das gesamte Wochenende nutzen, immer neue alte Aspekte der Geschichte zu erwärmen und die bekannten Bilder zu zeigen.
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Auch Günther Jauch hat sich in seiner ersten ARD-Talk-Sendung des Themas angenommen, und es war der erstaunlicherweise recht reflektierte Jürgen Klinsmann, der die größte Erkenntnis formulierte, nämlich die, dass die Amerikaner die von Elke Heidenreich angesprochenen Hintergründe und Zusammenhänge bis heute nicht verstanden hätten.
Aus dem schlichten Grund, weil sie zu schlicht sind, sich damit auseinanderzusetzen. Zu kapieren, wo aus der Cornflake-Packung die Flakes rieseln, erfordere ihre gesamte Aufmerksamkeit.
Letzteres hat er nicht gesagt, ich mir aber gedacht, nachdem er sich zum Ausmaß der Aufmerksamkeitsspanne der Amerikaner zur Frühstückszeit geäußert hatte.
Ansonsten frage ich mich, wie viele meiner Gebühren-Euros es wohl gekostet haben mag, Marcy Borders, deren 9/11-Asche-Foto um die ganze Welt ging, dazu zu überreden, für eine gänzlich erkenntnisfreie Fragerunde mit Jauch nach Deutschland kommen zu lassen. Zumal sie zu Hause auch ein paar Trauerfeier-Einladungen gehabt haben mag.
War man am Anfang der Sendung unsicher, ob statt Jauch sein Switch-Reloaded-Double auf Sendung war, konnte man im Anschluss feststellen, dass, wenn schon Scholl-Latour fehlte, immerhin das Konzept alt war.
Fettes Studio mit Kuppel
Betroffene, Stuhlkreis, Einspielfilme - das Anne-Will-Konzept. Immerhin aber hat Jauch das fetteste Studio aller Talker bekommen, und vor allem ist seine Kuppel viel höher, als die von Christiansen es je war - und die von Plasberg es je sein wird. Womit ARD-Papa Herres Jauchs Position als verlorenen Sohn noch mal klar unterstrichen hat.
Auf verlorenem Posten standen meine tapferen MitkämpferInnen von Freischreiber am Montag vor dem Hamburger Jahreszeiten Verlag. Im Zuge der "Code of Fairness"-Kampagne, dem Versuch, Mindeststandards im Geschäftsverhältnis freier JournalistInnen und Verlage zu etablieren, wurden bei Gruner + Jahr, Die Zeit, brand eins und dem Jalag Glückskekse mit Botschaften für die Festangestellten verteilt.
Wenn der Jalag denn welche hätte. Es betrat kaum ein Menschen zwischen 9.10 und 10.20 Uhr das Haus, zudem war die Vielzahl der Wenigen nach eigener Auskunft Freiberufler. Auch eine Art 9/11.
Neues Magazin
Mehr verlegerisches Glück sei der Autorin Sylvia Heinlein gegönnt, deren Magazin Toll heute erscheint und die auf einen Verlag hofft, das Ding groß rauszubringen. Die Texte in Toll sind fast ausnahmslos von Menschen mit geistiger Behinderung geschrieben und von bestem sprachlichem Wumms.
Wie die von Nora Poppensieker, deren Zeilen schönste Sprachakrobatik darstellen und "Eure Autorin von Welt" Gunda Breul, die schlichtweg großartige Geschichten erzählt.
Wer hier noch schreibt und nicht offensichtlich behindert ist, hat auch einen Knall - also endlich mal ein lohnendes Heft. Das man unter www.toll-magazin.de bestellen und runterladen kann. Voll schwindelig ob der Lobhudelei zurück nach Berlin!
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