Kolumne Charts: Style kommt nicht mit der Post, Herr Müntefering
Die Charts heute mit Klaus Lemke, "Galore", Evgenia, 23, Journey, Lake, Epikur, Michelle und dem SPD-Franz.
D as Telefon zeigte einen verpassten Anruf von Klaus Lemke um 6.58 Uhr am Sonntagfrüh an.
"Du hast mich angerufen, Klaus?"
Hm, ja, sagte der große Münchner Regisseur. Er sei da bei dieser Party gewesen und habe wissen wollen, ob ich vielleicht in der Nähe sei.
Peter Unfried ist stellvertretender Chefredakteur der taz.
Ich fragte kleinbürgerlich: "Ach, warst du in Berlin?"
Er überlegte und sagte dann vage: "Kann sein."
*
Ich habe Lemke mal interviewt. Seitdem liebe ich ihn. Er sagt mir, er werde immer auf zwei Sachen angesprochen. Erstens: "Die Titten meiner letzten Hauptdarstellerin". Zweitens: "Unser taz-Gespräch".
Ich kenne die Welt. Sie ist kein Wünsch-dir-was. Ich kann die Reihenfolge akzeptieren. Ich halte sie selbst im Prinzip für okay.
*
Lemke ist 68. Gerade las ich ein Interview mit ihm, in der letzten Ausgabe des viel zu früh verstorbenen (Print)-Gesprächsmagazins Galore. Lemke brachte dafür eine Russin "aus Sibirien" mit, die sich im Minirock an ein Auto lehnen durfte. Evgenia, 23. Er sagte: "Noch ist sie Kellnerin oder so was." Was für ein Satz.
Ich fragte: "Klaus, ist Evgenia, 23, wirklich dein neuer Star?" Ach was. Er hatte sie am Tag zuvor kennen gelernt und für die Fotos jemanden gebraucht. In dem Interview sagt er den wunderbaren Satz: "Man kann sich im Leben nur auf seine eigenen Fehler verlassen." Und er sagt: "Style kommt nicht mit der Post."
Das sollte sich der fast gleichaltrige SPD-Franz Müntefering, 69, mal klarmachen. Schröders Hauptfeldwebel mag ein ehrenwerter Mann sein. Aber zum einen hassen ihn ja nun, bei allem Recht auf Privatsphäre blablabla, die Wählerinnen. Zum anderen ist sein antiintellektueller Stil mittlerweile so banal, dass es ins Schmerzhafte übergeht, wie wir im jüngsten Spiegel-Interview lesen mussten. Nur so Zeug wie: "Er hat Kompass, er kann Kanzler. Er wird es. Sie kann Koffer packen." Was für eine Verhöhnung der politisch interessierten und bewegten Bürger. Entweder man hat Style. Wie Lemke. Wie Joschka Fischer. Oder man hat ihn nicht. (Mehr dazu auf Anfrage.)
*
Was mich angeht, so gibt es für mich weltweit nur eine Michelle. Das ist Michelle Obama.
*
Die Sommer-Charts 2009
1. "Dont Stop Believing" ist der beste Song von Journey. Beginnt so: "Just a small town girl, livin in a lonely world." Es kommt dann noch besser.
2. "Lie Down" von Whitesnake ist ein weißer Bier-Rocker vom Reißbrett. Textprobe: "Woah, you know, Mama, that tonights the night". Hm? Vielleicht doch besser "Youre Only Lonely" von J. D. Souther.
3. Als es mit der Band schon zu Ende ging, hat Lake mit "Celebrate" 1980 aus ihrem norddeutschen Westcoastsound den einen perfekten Popsong gemacht. "Celebrate / dont you wait / never hesitate / Celebrate / while you still got time."
Move over, Epikur.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“