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Kolumne BlickeMeine Vision für 2014

Ambros Waibel
Kolumne
von Ambros Waibel

So macht die Zukunft Spaß: Ein heiterer Ausblick auf das Weltkriegsjubiläumsjahr. Mit Musik am Ende und am Anfang.

Die Deutschen greifen an – zum Glück nur im Deutschen Marinemuseum. Bild: dpa

No one likes us – I don’t know why. We may not be perfect, but heaven knows we try. (…) We give them money – but are they grateful? No, they’re spiteful and they’re hateful.“ RANDY NEWMAN: POLITICAL SCIENCE

Als die Revolution ausbrach, kam dann doch ein wenig Panik auf im Süden. Zum dritten Mal in hundert Jahren hatten die Deutschen es nicht geschafft, Europa mit harter Hand neu zu ordnen.

Ein wenig Panik: Ihr Vermögen hatten die reichen Griechen, Spanier und Italiener ja längst zu deutschen Banken transferiert und ihre Kinder nach Berlin geschickt: Dort bewohnten sie die letztlich immer noch spottbillig eingekauften Villen und Altbauwohnungen, sozusagen zur Probe, bis die Eltern, die sie bezahlt hatten, doch mal die Notwendigkeit verspüren würden, eine Zeit in der hässlichen Hauptstadt zu verbringen.

Was ihre Porsches, BMWs und Ferraris anging, so standen unter dem Schutz der Bundesmarine zwar einige Transportschiffe bereit; aber die meisten machten von diesem Angebot keinen Gebrauch, sondern flogen mit dem Privatjet gleich zu diesem Flughafen – ah, da musste man noch was umprogrammieren, das Ding hieß immer noch … genau … TXL.

Für manche wurde es knapp, sie benutzten zum ersten Mal den Dienstbotenausgang, weil von vorne schon der Mob hereinstürmte: Die unter dem Label „European Protecting Forces“ stationierten Bundeswehreinheiten hatten strikte Anweisung, nur deutsches Eigentum zu schützen. Man konnte nicht noch mehr SS-Vergleiche gebrauchen.

alexander janetzko
Ambros Waibel

ist Redakteur in den Ressorts „Gesellschaft, Kultur & Medien“ und „Meinung“ der taz.

Nun, da die Regierungen in Griechenland, Italien und Spanien gestürzt waren, beeilten sich die deutschen Linken, dem „Völkerfrühling“ ihre Solidarität auszusprechen, natürlich nur, solange alles in vernünftigen Grenzen bliebe und also die Staatsverschuldung – aber da komplementierte man die Delegationen schon wieder zum Abfluggate.

Am Ende zählten für die Südländer nämlich nur die Fakten. Die einen hatten Merkels „Rettungspolitik“ zugestimmt, die anderen waren zu schwach und zu orientierungslos, sie zu verhindern. Und wovon man im Süden endgültig genug hatte, waren geheucheltes Mitleid und manische Besserwisserei.

Surfin' Germany

Und irgendwie waren auch die letzten deutschen Wohlgesinnten froh, denn nun konnte man sich wieder in die harten inländischen Debatten um N-Wort, Energiewende und Homo-Ehe stürzen und musste nicht dauernd an die armen Verwandten im Süden und ihre horrende Jugendarbeitslosigkeit denken.

Mein Gott, jetzt durfte man es doch offen sagen: Die Italiener hatten Berlusconi selbst gewählt! Niemand hatte den Spaniern befohlen, ausschließlich auf den Immobiliensektor zu setzen und ihre Küsten zuzubetonieren! Und waren es etwa die Deutschen gewesen, die den Griechen verboten hatten, funktionierende Finanzämter einzurichten?

Urlaub, gut, das konnte nach Einreiseverbot und Ferienhaus-Konfiszierung, welche die neuen Regierungen gegen alle Deutschen verhängten, ein Problem sein. Andererseits war Portugal treu geblieben. Die Algarve blieb deutsch! Das Beach-Boy-Cover „Surfin’ Germany“ von The Bosshoss stürmte die Charts.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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2 Kommentare

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  • SG
    Schmidt Georg

    wenn man sowas lustiges schreibt, sollte man auch ein entsprechende Foto einstellen-nicht son sauertöpfisches !

  • T
    tommy

    Was soll einem dieser komische Artikel sagen? Dass Waibel auf Revolutionen in Südeuropa hofft, wahrscheinlich inklusive von Ledermantel-tragenden Volkskommissaren, die reiche Steuerhinterzieher in Umerziehungslagern traktieren? Ein Jubiläum wie das von 1914-2014 sollte eigentlich zum Nachdenken anregen, um die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. Bei Linken ist ein solcher Lernprozess aber nicht erkennbar, man setzt immer weiter auf offensichtlich falsche Konzepte.