Kolumne Besser: Der Trottel-Minister
Kennen Sie Uwe Schünemann? Das ist doch der – genau: Dieser Provinztrottel, der ständig befremdliche Sachen fordert. Gerade wieder die Hymnenpflicht für Nationalspieler.
E s gibt Knallchargen, auf die ist Verlass. Uwe Schünemann zum Beispiel. CDU-Politiker und Innenminister von Niedersachsen. Ob Handyverbote für Terroristen, Bundeswehreinsätze gegen Killerspiele, Fußfesseln für Schulschwänzer, Knast für Fünfjährige, Nachtischverbot für Stützeempfänger – keine Forderung, die nicht zu abwegig oder autoritär wäre, als dass Schünemann sie nicht schon erhoben hätte oder sie nicht noch erheben würde.
Dabei ist Schünemann keineswegs eitel; er schließt sich auch gerne Ideen anderer Leute an, man muss ihn nur fragen. Nach dem Ausscheiden der deutschen Mannschaft bei der Europameisterschaft hat die Bild ihn (und leider noch ein paar andere) gefragt, ob die deutschen Nationalspieler die Hymne mitsingen sollten. Und na klar war er dafür. Er ist immer dafür, Hauptsache, es knallt und es macht peng und bumms und der NPD-Ortsverband Greifswald wird neidisch, dass der Mann nicht bei ihnen mitmacht.
Die Frage ist bloß: Warum macht Schünemann das? Warum hat er das nötig?
ist Redakteur bei taz.de.
Da ist er schon Minister, zwar nur in einem Bundesland, aber immerhin Minister. Und das schon seit neun Jahren. Das Amt bekam er mit 39 – mithin einem Alter, in dem manche noch ihre letzten Klausuren schreiben und manch andere sich bereits den Rücken krumm gearbeitet haben.
Immer nur Niedersachsen
Doch Schünemann genügt sein toller Job in Niedersachsen und die Freizeit, die er im Sportschützen-Club Holzminden vielleicht auch mit ein paar Betriebsräten von VW verbringt, nicht. Er hadert damit, dass andere niedersächsische Politiker später Karriere machten. Sie wurden Bundesminister (Trittin), Bundeskanzler (Schröder) oder Wulff (Wulff). Nur Schünemann blieb, was er immer war. Und seit dort eine Frau Ö. oder Ü. am Kabinettstisch sitzt, ist er nicht einmal mehr der bekannteste niedersächsische Minister der Welt.
Kurz: Schünemann hat es nicht leicht. Vielleicht wird seiner Ehefrau Ines im Supermarkt hinterhergetuschelt: „Die Ärmste, ihr Mann ist schon bald 50 und immer noch nur Landesminister!“ – „Wie sie das bloß aushält?“ – „Wenn meiner immer nur so was bliebe, würde ich die Kinder nehmen und gehen.“
Darum gibt Schünemann alles, damit sich seine Frau Ines (47) und die Kinder Milena (17) und Timo (13) nicht für den Papi (sie dürften ihn alle drei so nennen) schämen müssen. So hat er – dies berichtet Amnesty International – dafür gesorgt, dass die Härtefallkommission in keinem andere Bundesland so selten eine Abschiebung verhindert wie in Niedersachsen.
Darauf ist er bestimmt stolz. „Lieber ein harter Hund als ein Warmduscher“, sagt er über sich. Und um sich auch mal von einer menschlichen Seite zu zeigen, bekennt er sich auf seiner Homepage zu seiner „Leidenschaft für Gummibärchen“ – und spätestens jetzt weiß man, dass die einzige Leidenschaft, zu der so einer fähig ist, der präfaschistische Furor des entfesselten Kleinbürgers ist.
Besser: Besser man überlässt das „Deutschlandlied“ – dieses musikalisch öde und textlich grauenhafte Stück deutschnationaler Reimerei – Provinztrotteln wie Schünemann.
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