Kolumne Berliner Galerien: Wohin mit der Kunst?
Kolumnistin Jana J. Bach empfiehlt Malerei bei GNYP, Videokunst in der ACUD Gallery und Architekturaufnahmen im DAZ
V orzüglich ist der Titel der Ausstellung bei GNYP gewählt: Onnagata. So werden in Japan männliche Kabuki-Darsteller genannt, die weibliche Rollen spielen. Wie bei einem Puzzle schmiegen sich in Kour Pours Bildern Farbelemente aneinander. Knapp ein Jahr arbeitete der 28-jährige Brite mit iranischen Wurzeln in einem nahezu rituellen Prozess an den acht Großformaten.
Van Gogh, Gauguin und Degas adaptierten Charakteristiken des japanischen Druckverfahrens Ukiyo-e. Ebendieses nutzte Kour Pour für seine „Tectonic paintings“. Als Formvorlage nahm er sich hingegen geologische Karten, die Veränderungen durch Vulkane und Erdbeben verzeichneten.
Wie schon bei seiner vorherigen Serie, den „persischen Teppichen“, offenbaren sich westliche und östliche Kultur, aber vor allem das Fragile an Identitäten (bis 25. 6., Knesebeckstr. 96, Do.–Fr. 11–18 Uhr, Sa. 12–17 Uhr).
Provinz-Roadmovie
Die Schalen sind mit Kakadus und Früchten bemalt, hinter einem Kanapee stellt der Mann seinen Spiegelklotz ab. Ein andermal trägt er ihn über einen Parkplatz. Bei einem Halt klopft er einem Pferd den Hintern.
Wie und wo Kunst platzieren? – In ihrem 93-minütigen Roadmovie „My Language is an Unpaved Road“ führt Henning Fehr und Philipp Rühr ihr Suchen bis tief in die Provinz. Etwa ins Städtchen Bentonville in Arkansas, wo Alice Walton, die milliardenschwere Erbin des Walmart-Konzerns, das Museum Crystal Bridge gründete.
Nicht immer ist klar, ob die Künstler sich gerade selbst darstellen oder eine Rolle, etwa die des Museumsdirektors. Auch bei den drei anderen Videos, die ACUD Gallery zeigt, irritiert das Duo mit einem Entwerfen zwischen den Zeilen, Tonspuren, und Genres – und rührt ganz plötzlich (bis 3. 7., Veteranenstr. 21, Do.–Sa. 13–18 Uhr).
Architektur im Doppelpack
Eindeutig Standbilder – bis sich die Deutschlandfahne im Wind bewegt. Daniel Young und Christian Giroux fotografierten 2013 jedes in Berlin errichtete Gebäude. In ihrer Zweikanal-Videoinstallation „Berlin 2013/1983“, so heißt auch die Schau im DAZ, stellen sie aus diesen beiden Jahren vergleichbare Bauten vor.
Zwei Stunden lang reihen sich Büro- und Wohnkomplexe, Datschen, Eigenheime und Industriehallen tonlos aneinander. Wie einem kleinen Papier an der Wand zu entnehmen ist, sind die Kanadier von einem Stadtrand zum nächsten in Serpentinensteigung vorangeschritten.
Es ist ein ziemlich interessanter Blick auf die coolste unter den deutschen Städten, die, wenn dann das gefühlte 100. Einfamilienhaus im Doppelpack seinen Auftritt hat, nur noch so unsäglich daherkommt wie jede andere (bis 16. 9., Köpenicker Str. 48/49, Mi.–So. 14–19 Uhr).
Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer donnerstags in der Printausgabe der taz
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