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Kolumne Älter werdenKrieg und Frieden. Oder: Blumen gießen gehen

Soldaten verdienen Respekt - auch die Deutschen, die in Afghanistan zum ersten Mal seit 1813/14 auf der richtigen Seite stehen.

L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus links. In dieser kleinen, von rund 10.000 Lehrerinnen und Lehrern monetär unterstützten Fachzeitschrift für gesellschaftliche Randgruppen und ihre Rituale (etwa die auch völkerkundlich interessante Mairandale), ging es kürzlich intern wieder mal um Krieg und Frieden; um den Afghanistankrieg und die deutsche Beteiligung daran.

Und weil Zwischentöne im Klassenkampf nur Krampf sind (Degenhardt), lautete die schlichte Frage dazu: Dafür oder dagegen? Offenbar vor allem wir schon Älteren von My Generation im Blatt, die wir (male) einst doch fast alle Kriegsdienstverweigerer waren, votierten mit dafür (18). Die übergroße Mehrheit aber (82) mit dagegen. Ihre Botschaft: Nie wieder Krieg!

Das ist zwar eine klare, aber - Entschuldigung! - auch einfältige (naive) Message. Einfältig deshalb - und das ist jetzt eine an den Nahtstellen der Zeitgeschichte entlang gewachsene Altersweisheit -, weil die generelle Verweigerung der Beteiligung deutscher Soldaten an militärischen Interventionen gegen massenmörderische Aggressoren oder selbst an Friedensmissionen mit robustem Mandat die Tol(l)erierung aller (!) bewaffneten Konflikte der Welt impliziert. Das aber ist nichts anderes als eine (außen)politische und moralische Bankrotterklärung.

Bild: taz

K.-P. Klingelschmitt 1970

Zuschauen und dabei die Hände permanent in Unschuld waschen (dürfen), wenn von skrupellosen Diktatoren oder einer Militärjunta ethnische Säuberungen (Völkermorde) angeordnet werden, die dann von fanatisierten Parteigängern und Söldnern erbarmungslos grausam (ein Pogrommerkmal) durchgeführt werden? Oder wenn geistesgestörte, alle Freuden des (freien) Lebens und insbesondere Frauen hassende Gotteskrieger aus der Steinzeit - wie etwa die radikalislamischen Taliban - ein ganzes Land verwüsten und dort noch dazu hunderte von militanten Hasspredigern in Lagern Jugendliche aus aller Welt indoktrinieren und zu Selbstmordattentätern ausbilden, damit sie in westlichen Metropolen ihre Sprenggürtel zünden oder sich mit gekaperten Jets auf Wolkenkratzer stürzen, um so viele Giaur (Ungläubige) wie nur möglich mit in den Tod zu reißen? Ja, da geh ich Blumen gießen, Blumen gießen, erst den Rittersporn … (Georg Kreisler).

Schon während des Balkankriegs wollte die deutsche Friedensbewegung dem Ausrottungsfeldzug der christlichen Serben gegen die muslimischen Bosniaken mit rein pazifistischen Mitteln (Boykott) ein Ende bereiten. Eine traurige Lachnummer. Bis die Amis dann endlich die serbischen Stellungen auf den Hügeln rund um Sarajevo mit Kampfjets angriffen - wofür Sie von Friedensfreunden bis heute als Kriegsverbrecher beschimpft werden -, hatten die Truppen der Völkermörder Milosevic und Mladic die Olympiastadt fast schon vollständig zusammengeschossen. Hunderte Menschen waren dabei getötet oder verstümmelt worden. Nie wieder Krieg! Nie wieder Krieg?

Die Soldiers of Peace (Neil Young) und der Freiheit jedenfalls verdienen unseren Respekt; auch die deutschen, die sich - erstmals seit den Befreiungskriegen 1813/14 - auf der richtigen Seite in eine militärische Allianz eingereiht haben. Dass aber auch Alter nicht immer vor Torheit schützt, stellte nach der Debatte eine militant-pazifistische Kollegin 50 plus ganz link(s) unter Beweis: Wir Bellizisten im Blatt, so ihre Konklusion, würden doch am liebsten selbst in Afghanistan einrücken, um dort ein bisschen mit rumzuballern. Wie krank ist das denn?

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4 Kommentare

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  • S
    SOTIC

    @Hui-Buh:

     

    Viel möchte ich Ihrer "Argumentation" nicht entgegenbringen, es beinhaltet schließlich die gewohnte Ablenkungstaktik und Ignoranz gegenüber den Realitäten dieser Welt.

    Fakt ist zum einen, dass mit der Zerschlagung des Naziregimes durch die Alliierten und die Sowjets besonders eindrucksvoll bewiesen wurde, dass "Nie wieder Krieg!" in den späten 30ern und frühren 40ern dazu geführt haben, dass die Wehrmacht erst so tief nach Ost- und Westeuropa vorrücken konnte - die Alliierten hielten sich mit eben genau dieser Argumentation aus dem Konflikt raus. Fakt ist in diesem Zusammenhang, dass nicht "Blumen" das Naziregime zum Einsturz brachten, sondern massive militärische Gewalt.

    Ich muss Sie darüber hinaus in der Annahme korrigieren, es habe in Afghanistan vor der übrigens UN-Gestützen ISAF-Operation keinen Krieg gegeben. Zum Thema Afghanistan bzw. Bürgerkrieg und Schwerstkriminalität sollten Sie sich doch eingehender informieren.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    S.

  • H
    hui-buh

    hi hp klingenschmidt,

     

    * "nie wieder krieg" ist nicht falsch.

    gewalt gehört zum leben, krieg nicht. sie halten diese idee für 'naiv', sich selbst für 'altersweise' - zynisch, wenn man bedenkt, dass "nie wieder krieg" aus dessen direkter erfahrung geboren wurde. naiv ist ihre message von wegen 'tyrannen bekämpfen' vergisst die wahren opfer (u.a. die natur); vom obligatorischen beweggrund aller kriegsherren ganz zu schweigen ("rentiert sisch datt finanzjell?").

     

    * "die richtige seite" gibts nicht, schon gar nicht bei 'nato vs taliban'.

     

    * "bw-soldaten verdienen respekt" - klar, wenn die so dufte peace-mäßig drauf sind, wie neil young meint... ist militär nicht irgendwie mehr drill & gehorsam als freiheit???

     

     

    überhaupt sind viele hrer gedanklichen verknüpfungen doch vollkommen realitätsverzerrend: auf der einen seite 'taliban-afghanistan' (auch: 'radikalislam'), als "gotteskrieger aus der steinzeit", auf der anderen "wir", was sowohl 'deutschland' wie die 'nato' meint, als verköperung von (und kämpfer für) "frieden & freiheit". meinense wirklich das entspräche der realität, nur minimini-ansatzweise? müsste man einer solch polemischen "taliban"-beschreibung nicht gerechterweise "deutschland" als 'degenerierte nazi-spießer' und die "nato" als 'radikal-kapitalistische angriffsmacht mit weltherrschafts-ambitionen' gegenüberstellen?

     

    was ist an einer perspektive, bei der ein cdu/fdp-regierter deutscher staat + bw + nato, für "frieden & freiheit" stehen, noch 'links'? (scheiß auf "links-rechts", verstehs trotzdem nicht)

    was ist eigentlich mit den übrig gebliebenen indianern & anderen 'indigenen', muss man denen nicht auch noch ihre 'archaische tradition' -notfalls mit gewalt- ausgetreiben?

     

     

    keinen krieg führen ist weder automatisch die "(außen)politische" noch "moralische bankrotterklärung". man müsste ständig gegen die meisten staaten dieser welt (inkl der westlichen) krieg führen, gäbe es hierzu einen moralischen imperativ! und afghanistankriegsgegnern die "tollerierung aller bewaffneten konflikte" vorzuwerfen... - den dortigen hat nunmal die nato vom zaun gebrochen, vorher gabs da doch gar keinen!

     

     

    whatever: peace bruder, respekt auch dir als nicht-soldaten ;)

  • V
    vic

    Bewaffnete Einsätze aus rein humanitären Gründen mögen im Ausnahmefall gerechtfertigt sein.

    Der unsägliche "Bündnisfall" aber nicht, der die BRD verpflichtet, einen Rachefeldzug der USA in Nahost zu unterstützen, nur weil eine Handvoll Verbrecher die nichts mit Afghanistan zu tun haben, am 11.9 einen seltsamen Anschlag durchführten.

    Alle Beteiligten kämpfen dort für Ressourcen, Transportwege und dauerhafte US-Stützpunkte.

  • M
    Michael

    Herr Klingelschmitt,

    erfreut habe ich zur Kenntnis genommen, daß es selbst in der TAZ-Redaktion realistische und vernünftige Ansichten gibt.

     

    Danke.