piwik no script img

Kolumne Älter werdenFlagge zeigen für Europa

Schluss mit dem gehässigen Geschimpfe auf den Euro. Wir von My Generation wollen schließlich die United States of Europe (USE) noch erleben – Angry Old Man (Volume IV).

Bild: ap

L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Geht Ihnen dieses blöde Geschwätz über den Niedergang des Euro und den dann angeblich unweigerlich folgenden Crash der Europäischen Union (EU) auch so auf den Geist wie mir?

Noch nie in der deutschen Nachkriegshistorie gab es eine widerlichere Allianz als die aktuelle zwischen lernresistenten alt- und neolinken Euro- und Europaskeptikern, (w)irren Nationalökonomen, skrupellosen Börsenhengsten und Bankern, senilen Deutschmarkfetischisten und Rechtsradikalen aller Schattierungen, die nur das eine wollen: Das wichtigste Projekt der Post World War II-Generation, ein einiges und geeintes Europa, zu Fall bringen und dann dem verheerenden Nationalismus zu einer Renaissance verhelfen.

Die Raubtierkapitalisten machen sich mit den Ewiggestrigen handgemein, weil Staaten ganz ohne Protektion durch eine politisch-ökonomische Entente natürlich noch besser als bisher schon von ihnen abgezockt werden können. Und weil in der angeblichen Eurokrise in den Kapitalen der EU-Mitgliedsstaaten endlich auch die Schaffung einer gemeinsamen europäischen Wirtschafts- und Finanzregierung diskutiert wird, die tatsächlich der nächste Schritt hin zu den United States of Europe (USE) wäre.

Genau davor aber fürchten sich (Investment-)Banker und Heuschrecken am meisten: Dass ein in jeder Beziehung Global Player USE dann tatsächlich die Power haben könnte, sie an die Kandare zu nehmen und auszubremsen.

Bild: privat

Klaus-Peter Klingelschmitt 1970.

Gerne möchten wir von My Generation das (!) noch miterleben. Dafür allerdings müssten die Regierenden auch in Berlin jetzt den Weg zu diesem - solidarischen - Vereinten Europa der Völker und Regionen konsequent zu Ende gehen. Vorwärts, und nichts vergessen, Angela! Wir jedenfalls - meine Frau und ich - zeigen dafür schon einmal Flagge: Mit einer Golden stars on deep blue ground-Europafahne auf dem Balkon. Machen Sie mit!

Für die Vision USE, zu der es keine Alternative gibt, hat schließlich sogar schon Helle - der Spitzname des jungen Helmut Kohl - vor 60 Jahren im Pfälzer Wald Schlagbäume an der Grenze zu Frankreich niedergerissen. Mehr als 30 Jahre danach war der Kanzler Kohl dann einer der Mitgestalter der EU (West); und nach dem Fall des Eisernen Vorhangs der Türöffner für Osteuropa. Eine gute Tat von historischer Dimension.

Herrliche Heimat Europa. Wie gut sich das anhört! Europa ist gelebte Diversität in Frieden und Freiheit, Vielfalt in Einheit. Und wie wunderbar und ganz praktisch zugleich ist es doch, mit dem Euro in der Tasche von Saarbrücken aus mal eben rüber nach Frankreich zu fahren, um dort zwei Filets vom Limousinrind, ein Döschen Fleur de Sel, ein Baguette und eine Flasche Rotwein etwa aus dem Languedoc für das abendliche Diner per deux daheim einzukaufen. So soll es sein! Und auch bleiben. Basta!

Epilog: Diese Kolumne wurde ihnen präsentiert von der Hand- und Schafskäseboutique Weckbacher (Inh. Elena Papadopolous-Weckbacher), der Hand- und Schafskäseboutique ihres Vertrauens.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

10 Kommentare

 / 
  • H
    hto

    @Klingelschmitt

     

    Tja, wenn man sieht wann und wie du reagierst, dann wird klar für welche "VERSCHIEDENHEIT" du mit ignorant-arroganter LEICHTIGKEIT aus der heuchlerisch-zynischen SICHERHEIT schreibst!?

  • K
    Klingelschmitt

    Betrifft: @ Nico.

     

    Uff. Eines wird man ja als Autor von einem Leser noch verlangen können (dürfen): dass er liest (wenigstens). Ich feiere doch gerade die europ. Diversität, das Europa der VERSCHIEDENHEIT und der Regionen! Und nicht das von Ihnen behauptete Gegenteil davon!?

     

    Herzlichst Klingelschmitt

  • N
    Niko

    ja genau herr klingelschmitt nachdem wir dann den Europäischen Superstaat haben brauchen wir nur noch eine Amerikanische und Asiatische Großunion (die Nordamerkinaische ist übrigens schon in Arbeit) und schon haben wir ein konzept a la 1984 dann können wir auch endlich diese miesen Flüchtlinge in Südspanien und der Griechisch-Türkischen Grenze über den Haufen schießen ohne dass uns jemand auf die Nerven geht aber ach was wir bauen dann am besten gleich eine dreißig Meter Mauer um das geheilligte Europäische Reich echt super idee wir sch***** einfach auf die kulturellen und vor allem auf die wirtschaftlichen Regionalen Unterschiede wie das inmoment zum Beispiel in Polen sehr schön zu beobachten ist dann pflastern wir einfach alles mit Einkuafszentren zu dort können die einheimischen Bauern dann ja arbeiten gehen ach ja und die Ungarischen und Weißrussischen Rechten könnten dann auch endlich mal Europaweit für ein bisschen mehr Zucht und Ordnung sorgen ich frage mich wirklich wie Weltfremd und ekelhaft politisch korrekt sie sind um nicht verstehen zu können dass viele (nicht nur linke und rechte) die EU wie sie jetzt besteht (nicht die idee) nach den vergangen fünf Jahren einfach nur noch als lachhaften scheinheilligen Millionärsclub sehen

  • I
    Iro

    Ach, selbstgefälliges Alt-68er Theoriegeschwätz. Das hat keiner vermisst.

    Es ist zwar schön über "Einheit in Vielfalt" zu reden, aber praktisch ist das unmöglich. Die gegenwärtige Eurokrise ist auch ein Kampf der Kulturen, Nordeuropäische Stabilitätskultur gegen Südeuropäische lockere Geldpoltik. Es gibt keine Grund warum das eine besser ist als das andere, aber beides geht nicht gleichzeitig. Eine USE wird im besten Fall darauf hinauslaufen, dass ein Staat den anderen 26 seine Vorstellungen von Staat, Gesellschaft und Kultur aufzwingt, im schlechtesten Fall wird allen 27 Staaten ein Brüssler Mischmasch aufgezwungen. Kriege wir es dann zwar nicht mehr geben (nicht dasses die mit 27 demokratischen Staaten gäbe), aber dafür Aufstände, Separatisten und Bürgerkriege. Aber keine Kriege.

  • H
    hto

    Der Euro war eine Währungsreform mit angetäuschter Union. Und weil das so herrlich profitabel funktionierte, wird die Wiedereinführung der DM eine erneute Währungsreform, wahrscheinlich wieder mit angetäuschter Union, aber sicher mit einem "blauen Wunder" für alle die da glauben wollen es wird wieder alles gut.

     

    Die Ursache aller Probleme, ist der im Zeitgeist nun "freiheitliche" Wettbewerb um "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" - nur Stumpf- und Wahnsinnige glauben an ein "gesundes" Konkurrenzdenken, wo Konfusion in gutbürgerlich-gebildeter Suppenkaspermentalität zur Überproduktion von Kommunikationsmüll produziert wird.

  • RS
    Roland S.

    Lieber Klaus-Peter Klingelschmitt,

     

    ich bin dann wohl auch ein "boring old fart", denn Ihr Kolumnentext hat mir alles in allem aus der Seele gesprochen. Der sich ausbreitende Euro(pa)-Skeptizismus geht mir auch auf den Zeiger. Aus eigener familiärer (Grenzen-) Erfahrung über mehrere Generationen hin habe ich das friedliche Neben- und bisweilen auch Miteinander, zumindest in Mitteleuropa, und vor allem zwischen Frankreich und Deutschland, schätzen gelernt. Vielleicht ist dieser Zustand inzwischen zu selbstverständlich geworden. Ich denke, wer in Grenzregionen lebt, und um deren Geschichte einigermaßen weiß, geht mit dem bisher (wenigstens) Erreichten gnädiger um.

     

    Schöne Grüße aus Saarbrücken

  • S
    shenanigans1983

    Na endlich jemand der sich diesem Dunpfsinn vom Niedergang des Euro widersetzt. Danke dafür, Herr Klingelschmitt. Links tritt also mittlerweile für die Rückkehr der großen Reichsm... sorry Dä-mark ein. Großartig, vielleicht rufen wir in Europa gleich wieder starke Nationalstaaten aus – das wird bestimmt friedlich enden. Insbesondere wenn man sich anschaut wie eine gewisse Frau Merkel (und vor ihr Schröder) deutsche Kleinstaatlichkeit und Klientelpolitik ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzt. Wir brauchen Europa, und wenn es schon ist um die Allmachtsphantasien der deutschen Regierung in Zaum zu halten. Ein starkes Deutschland? Bitte nie wieder! Und obgleich ich eigentlich nie igendeine Flagge schwenke — ein friedliches, geeintes, multikulturelles und demokratisches Europa — das unterstütze auch ich!

  • WG
    Werner G.

    Sehr geehrter Herr Klingelschmidt.

    Meinen Sie nicht, es wird langsam Zeit, Ihren ebenso erbarmungswürdigen wie sinnlosen Kampf gegen Ihre persönliche ENDLIFECRISIS zu Hause weiter zu führen???

    Es nervt allmählich.

  • K
    kMfN

    Möchte mal wissen, was an diesem Klingelschmitt undogmatisch oder gar links sein soll?

     

    Für mich sind dessen Kommentare der Beweis, daß viele Alt-68er heute noch reaktionärer und selbstgefälliger sind, als die in ihrer Jugend (zurecht)kritisierte Eltern-Generation.

     

    Da helfen auch keine unästhetischen Langhaar-Fotos.

  • R
    rocker

    Ihr Sarkasmus in Ehren, Herr Klingelschmitt!

     

    Trotzdem: Hätten Sie sich damals besser mit der Kritik der politischen Ökonomie auseinandergesetzt (oder haben Sie das als "undogmatischer" nur verdrängt?), wäre Ihnen nicht entgangen, daß der Staat als ideeller Gesamtkapitalist IMMER dafür Sorge tragen wird, optimale Bedingungen für das heimische Kapital zu schaffen (also ganz bestimmt nicht die "Heuschrecken" an die Kandare nehmen wird). Ob das Konstrukt nun Deutschland oder Europa heißt, ist in dem Zusammenhang irrelevant.

     

    Irrelevant allerdings nicht für den Vampir namens Kapitalismus: Zur notwendigen Steigerung der Profitrate bleibt dem Kapital mittlerweile gar nichts anderes mehr übrig, als über immer größere Freihandelszonen zu expandieren. Imperialismus 2.0. Wer glaubt schon daran, es ginge beim Projekt Europa um Frieden und Völkerverständigung. Das müssen wir schon selber machen :) Ein Ende des Euro muss nicht zwangsläufig in stumpfem Nationalismus gipfeln.