piwik no script img

Kolumne Älter werdenBis zur letzten Zapfanlagengaspatrone

Langhans, Nena, Hausbesetzer: die Geschichte wiederholt sich. Als Farce.

L iebe Altersgenossinnen und –genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Was waren das doch zwei auf- und anregende Wochen für die Linke: Unser Rainer flog aus dem Dschungelcamp (RTL), die Robben (TV NL) griff das Müller ins Gesicht, Lena gab es gleich im Sexpack (Pro Sieben) und - Äh … ach ja! - ein paar Millionen Araber hörten mit der fatalistischen Inch Allah!- Jammerei auf und nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand (BBC). Sogar die Moslembrüder in Ägypten verkleideten sich als gute Demokraten. Streetfighting men überall. Hossa!

Bei hart, aber fair (ARD) bissen sich die Herren Friedmann (Ukraine) und Kienzle (Al Arrabiata) beim Kampf um die Deutungshoheit von det allem (broken preußisch) danach wechselseitig die Halsschlagadern durch. Im Anschluss daran konnte der Best Boy im Team von P. bei der auch eingeladenen Orientalistin und bekennenden Moslemschwester nur noch den Hirntot feststellen. Ihre armseligen Gedanken waren schlicht verhungert. War da noch `was? Ja. In Ostberlin, der ehemaligen Hauptstadt der DDR, leisteten als Hausbesetzter verkleidete potentielle Mieter zur Musik von Roger Wittacker (Last Farewell) erbitterten Widerstand gegen die von Rot-Rot in den Häuserkampf befehligte uniformierte Exekutive – bis zur letzten Zapfanlagengaspatrone (Berliner Kindl). Egal was passiert, halt` die Kamera drauf (Annamateur).

Dass wir von My Generation das noch erleben durften: Dass sich Geschichte wiederholt – als Farce. Schließlich flog Rainer schon mal wo `raus - bei Uschi. Verrecken könne der Depp von ihr aus, giftete Die Obermeier ihrem Ex aktuell noch nach. Hatred is the only thing, that keeps us together (Kinks). Lena hieß bei uns Nena (99 Luftballons). Holländer benahm sich schon früher arg daneben: (Schlumpf-) Vadder Abraham, Lama Frank Rijkaard, Deutschlandtrikotschänder Ronald Koeman. Und als gute Demokraten verkleidete schiitische Gotteskrieger nahmen bereits vor mehr als dreißig Jahren an von Oppositionellen im Iran organisierten Massendemonstrationen gegen den Schah teil - und sich danach die Macht. Und heute im Maghreb? Open end. Immerhin noch!

Bild: privat (1971)

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT ist taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.

Gut. Talkshows waren zu unseren Hochzeiten nicht wirklich in. Aber Vivi in transparenter Bluse ohne BH: Au schön (Löw); und revolutionär sowieso. Die rev. Hausbesetzerbewegung war ja sogar unsere Erfindung. So wie auch diese kleine, aber durchaus feine linke etc. … Zeitung, wie die Grünen, die Ökobank (-), die Tol(l)eranz und die ganze alternative Kultur. Komm` ich abends nach Hause, zu meiner Braut, mit `m bisschen was zu fressen, hab` ich bei Karstadt geklaut … (Ton, Steine Scherben). Alternative Kultur!?

Wie schon gesagt: Geschichte wiederholt sich nur als Farce. Warum aber kann sich die heutige Generation Farce to Farce (25 plus und mehr) nicht wenigstens einmal ein eigenes (Generationen-) Projekt ausdenken!? Immer nur uns alles nachäffen! Mit der Untersuchung der - eigenen - Feuchtgebiete und dem bisschen twittern kann es doch nicht getan sein!? Jetzt wollen die jungen Leute sogar noch Rotgrün recyceln. Inch Allah!

Epilog: Diese Kolumne wurde ihnen präsentiert von der Burkaboutique Hamit und Halil Altintiptop, der Burkaboutique ihres Vertrauens.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

12 Kommentare

 / 
  • K
    Klingelschmitt

    Liebe® Luki. Gerne antworte ich Ihnen noch einmal ganz persönlich. Lesen. lesen. lesen! Mein Tip. In der Kolumne steht doch klipp und klar, dass ich es begrüße, dass die Ägypter endlich aus ihrer Inch-Allah!-Lethargie aufgewacht sind - und nicht das von Ihnen behauptete Gegenteil davon. Deshalb kann ich auch die ganze Aufregung des ägypt. Vaters (siehe Briefe) nicht nachvollziehen. Dass ich vor einer Entwicklung wie damals im Iran - und deshalb vor den Moslembrüdern (die plötzlich schon die "Verhandlungsführer" der Opposition in Ägypten sind) warne -, ist doch sicher nachvollziehbar. Auch wenn ich mir DAS ganz bestimmt nicht wünsche.

     

    Wir wollen also zusammen hoffen, dass das mit Freiheit und Demokratie im Maghreb auch klappt. Und dass nicht die jungen Frauen, die dort demonstrieren, eines traurigen Tages von muslimischen Revolutionswächtern - wie in Teheran nach der islamischen Konterrevolution geschehen - durch die Straßen gejagt werden, nur weil sie nicht verschleiert sind. Oder dass die Scharia die in Ägypten an den Code Napolean angelehnte bürgerliche Gesetzgebung (die leider auch oft mißbracht wurde) ablöst.

     

    Mit freundlichen Grüßen in ihre vielleicht ja doch tatsächlich freudvolle Gasse. kpk

  • L
    luki

    Hallo Herr Klingelschmidt

    ich bin erfreut über eine persönliche Antwort von meinem Lieblingsautor, verstehe sie aber leider nicht ganz.

    Was sind denn das für Motivationen, die einem, wenn man Muslimen nicht bei egal was sie tun unterstellt, sie wollen eigentlich den Gottesstaat einführen, so abgehen. Ich selber bin als Mitglied besagter Generation 25 plus (den Begriff links verwende ich besser nicht, da ich nicht sicher bin, ob wir beide das selbe darunter verstehen) voll Begeisterung über den Mut der von ihnen als fatalistischen Jammerer bezeichneten Ägypter und hege durchaus Sympathien für die (letztlich wohl hilflose) Verteidigung alternativer Wohnprojekte. Eine solche Haltung ist sicherlich weder heldenhaft noch originell, aber was irgendwelche Motivationen angeht kann sie mit der billigen Häme gewisser Kolumnen sicher mithalten.

    Beste Grüße aus den gar nicht so freudlosen Gassen.

  • FF
    Fritzy Fratz

    après 50 et avant 50

     

    "§ 6 Vergleichende Werbung

    (1) Vergleichende Werbung ist jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht.

    (2) Unlauter handelt, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich

    1.sich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht,

    2.nicht objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis dieser Waren oder Dienstleistungen bezogen ist,

    3.im geschäftlichen Verkehr zu einer Gefahr von Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den von diesen angebotenen Waren oder Dienstleistungen oder den von ihnen verwendeten Kennzeichen führt,

    4.den Ruf des von einem Mitbewerber verwendeten Kennzeichens in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt,

    5.die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft oder

    6.eine Ware oder Dienstleistung als Imitation oder Nachahmung einer unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenen Ware oder Dienstleistung darstellt."

  • K
    Klingelschmitt

    Liebe LeserInnen @Licht, @Luki, @kMfN - Heißt das vielleicht: keine Motivation für Nix? - und @von adel.

     

    Hass, Hass, Hass (siehe auch Uschi/Rainer). Das ist O.K. so. Man muss es `rauslassen. Aber: Die Generation 50 plus, das sind doch gar nicht die 68er, sondern die post 68er. Also die, die nach den 68er kamen, und das alles ernst genommen haben - während die 68er schon an ihren (Polit-) Karrieren bastelten. Capito!?

     

    Und bitte: Volkswagen fahr` ich nicht. In die Toskana oder in die BASILICATA aber wirklich gerne; in die Bretagne - und an die Weinstraße. Auch nach Sylt. Da weiß ich wenigstens: Ihnen allen aus den freudlosen Gassen daheim begegne ich da nicht.

     

    Beste Grüße von Ihrem Lieblingsautor

  • PS
    PeterLicht sagt

    Ihr lieben Achtundsechziger,

    danke für alles - ihr dürft jetzt gehn.

     

    Aber ruft uns nicht an. Wir rufen an, vielleicht rufen wir an, vielleicht...

  • K
    kMfN

    Fast möchte man Mitleid haben mit der dogmatischen Altersrenitenz des verwirrten Herrn Klingelschmitt.

    Dagegen sind ja sogar die primitiven Ausfälle eines Broder geistreich.

  • NQ
    Noel Q. von Schneiffel

    Die jungen Leute sollten vor allem wieder mehr die Bücher von J.R.R. Tolkien lesen. Nur die Worte von Tolkien verleihen wahre Weisheit. Dann muß auch nichts mehr als Farce wiederholt werden - ein großes Problem in unserer Zeit, wie Herr Klingelschmitt richtigerweise anmerkt. Denn ein Buch von Tolkien kann man auch tausendmal lesen, ohne daß es zur Farce wird. Im Gegensatz dazu sind die blasphemischen Filme von Peter Jackson, im Sinne Klingelschmitts, ebenfalls ein schlechtes Nachäffen des bereits nicht werkgetreuen Films von Ralph Bakshi aus den Siebzigern. Was ist nur aus der Welt geworden!

  • L
    luki

    Woher kommt nur diese ganze Wut bei Herrn Klingelschmidt? Das ganze wild-um-sich-geschlage auf wahlweise Muslime, tolerante (das eingeklammerte l ist ja der Oberbrüller) Gutmenschen oder die Jugend von heute.

    Dass diese Feindbilderkombination anscheinend sowohl den xenophoben, REP-wählenden Rentner als auch Klingelschmidts Eliteclub "Generation 50 plus links" (wer gehört da eigentlich wirklich dazu?) in die geifernde Paranoia treibt, ist ja zumindest erhellend und gibt dem Begriff "links" ganz neue definitorische Ausbeulungen. Aber lustig sind diese ganzen Ergüsse schon lange nicht mehr.

    Könnte man den Herrn Klingelschmidt nicht einfach in einen gebrauchten VW-Käfer setzen, ihm eine Kasette mit in Endlosschleife laufendem "talking ´bout my generation" einlegen und ihn laut hupend in die Toskana (oder wahlweise Bretagne, Algarve oder ins Sauerland, wo er sich halt wohlfühlt und unter seinesgleichen ist) düsen lassen. Es wäre allen gedient, wir ersparen uns diese Kolumnen und Herr Klingelschmidt kann mit mäßigem Rotweinkonsum und weniger Aufregung den in bälde wohl anstehenden Infarkt noch um Jahrzehnte hinauszögern.

     

    PS: Eine Frage hätte ich davor doch noch: Welches System verbirgt sich eigentlich hinter dem wunderlichen Einsatz der Kursiv-Schrift?

  • A
    adel

    selten so was dämliches gelesen! satire ??? ausser bei der "taz" will das wohl keine/r andre/r! und die frisur des autors gabs damals auch schon - na gut, hauptsache, das geld stimmt

  • EZ
    el z.

    "Ein paar Millionen Araber hörten mit der fatalistischen Inch Allah!-Jammerei auf und nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand (BBC."

     

    Wissen Sie, Herr Klingelschmidt, es sind unsere Kinder, die dort den Mut haben, sich vor einen Panzer zu stellen und ihn aufzuhalten. Haben Sie schon mal vor einem Panzer gestanden? Vor diese bösartigen Masse aus Stahl? Und dann gibt es da noch die Prügeltrupps, die Geheimpolizei.

     

    Unsere Kinder können jeden Tag sterben, Herr Klingelschmidt, wir rechnen mit ständig damit, dass das Telefon klingelt und wir eine schlimme Nachricht bekommen. Und ich frage mich: Was veranlasst Sie so etwas zu schreiben?

     

    Glauben Sie tatsächlich, es ist so einfach gegen einen Staat aufzubegehren, in dem alles kontrolliert wird? Glauben Sie, Sie hätten in einer solchen Situation keine Angst vor dem Tod? Lieben Sie nicht das Leben?

     

    Wir tun es und wir lieben die Leben unserer Kinder. Warum also sind sie in Ihren Augen nichts weiter als dumme Trottel?

  • SW
    Susanne Wegener

    ganz so einfach ist es nicht mit dem 68er Bashing.

    Man musste doch eine ganze Menge an gesellschaftlichen Lasten loswerden, auch bei sich selber. Das Kiffen war natürlich bißchen zu viel, aber mit sich selber beschäftigen mussten sie schon, um die eigenen Sozialisation zu hinterfragen. Dass die Scham abgeschafft wurde, ist Unsinn. Wer sagt eigentlich, dass 68 nur aus Langhans besteht? 68 hat auch viel gebracht, was unsere heutige Situation im Vergleich zu der vorherigen seht verbessert hat.

  • A
    anke

    Wissen Sie was, Herr Klingelschmidt? Wenn ihr 68-er damals weniger gekifft und euch weniger dem eigenen Nabel gewindmet und dafür das eine oder andre Ding ordentlich zu Ende gebracht hättet, bräuchte sich heute niemand mit euren Resten herumzuplagen. Die Geschichte müsste sich dann nie mehr wiederholen. Schon gar nicht als Farce. Was habt ihr ihnen denn hinterlassen, den jungen Leuten von heute? Lauter Plastikdenkmale eurer selbst. Kann man die essen? Nein. Aber immer noch die große Klappe. Schämt euch! Ach ne, die Scham ist ja abgeschafft worden 1968.