Kolumne Älter werden: Die Zyste Rainer Brüderle
Die FDP siecht in Agonie dahin. Zeit für ein letztes beherztes Nachtreten.
L iebe Altersgenossinnen und -genossen der Generation 50 plus (undogmatisch) links. Kabarett im TV ist doch meist Mist. Immer wieder die gleichen Knallchargen. Und die dargebotenen Sketche und Witzchen werden an Humor- und Harmlosigkeit nur noch auf der Wahrheit unterboten.
Löbliche Ausnahme sind die "Mitternachtsspitzen" (WDR). Was Platzhirsch Jürgen Becker und Berufscholeriker Wilfried Schmickler - unsere Alterskameraden - in Köln auf die Kleinkunstbühne im Bahnhof schicken, ist meist erste Sahne; vor allem dann, wenn die Gastgeber selbst losrocken. Der Brüller am vorletzten Sonnabend: Beckers Krankengeschichte, vorgetragen von ihm selbst. Sein Kreuzband sei angerissen. Und der Arzt habe eine Zyste entdeckt. Becker: Das ist ein mit Flüssigkeit gefüllter Hohlraum, so wie Rainer Brüderle!
Exkurs: In der Sendung trat auch der passionierte Antiamerikaner und Bürostuhlmechaniker Hagen Rether (Essen) auf, der nur mit Mühe davon abgehalten werden konnte, den Frührentner bin Laden post mortem für den Friedensnobelpreis im Jubiläumsjahr 2011 vorzuschlagen. Exkurs Ende.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT ist Korrespondent bei der taz für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland.
In dieser Kolumne geht es aber gar nicht um Kabarett, sondern eben um ein letztes beherztes Nachtreten gegen eine in Agonie befindliche Partei (FDP) und ihre Protagonisten, deren endgültiges Verschwinden ich mir an dieser Stelle schon vor knapp einem Jahr herbeigewünscht hatte. Jetzt - nach dem Wahldesaster in Bremen rangiert die FDP prozentual auf Augenhöhe mit der NPD - scheint es endlich so weit zu sein.
Vor Bremen aber zuckte die vermeintliche Parteileiche noch. Rainer Zyste Brüderle (Jahrgang: der Untergang) wurde auf dem Bundesparteitag in der Rostocker Pathologie plötzlich (ungern) Fraktionschef im Bundestag und der neue Parteichef Der Shut - der Gelbe, Karl May - in Personalunion Wirtschaftsminister, was Zyste Brüderle vorher (gerne) war.
Das Gesundheitsministerium dagegen, das zuvor Der Shut innehatte, übernahm Der Unbekannte Liberale, während der früheren Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, der Württemberger Henne, der Schnabel mit Uhu hart zugeklebt wurde. Immer dieses Gegacker! Und der Guido, das Exchefchen? Durfte Außenminister bleiben: The Torture Never Stops (Zappa).
Das konnte ja nicht funktionieren. Warum wurde denn Der Shut nicht Außenminister und die Württemberger Henne gackernde Gesundheitsministerin!? Warum Zyste Brüderle nicht Parteichef und Der Unbekannte Liberale Wirtschaftsminister!? Und warum der Guido nicht nichts!? Das hätte er doch am Besten gekonnt. Oder warum hat die Parteispitze nicht gleich Guidos Idee aufgegriffen?
Zyste Brüderle zum Wirtschaftsminister küren, Den Shut zum Gesundheitsminister und den Unbekannten Liberalen zu seinem Staatssekretär. Der Guido selbst wäre in seinem Modell dann wieder Parteivorsitzender und Außenminister geworden. Damit hätte doch niemand gerechnet!! Und alle hätten gesagt: Clever, die FDP! Hä!? Und die Homburger? Wer? DAS Leben 50 plus kann so schön sein.
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