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Kohl sagt der CDU, wos lang geht

■ Markiges Kanzler–Wort vom Wolfgangsee warnt CDU vor Windungen und Wendungen nach links und rechts / Kohl will Erbe von Adenauer und Erhard „in Maß und Mitte“ wahren / SPD: Strauß–Äußerungen verachtenswert

Bonn (ap/dpa) - In einer für seine Verhältnisse ungewöhnlich eindeutigen Form hat sich der CDU–Vorsitzende, Bundeskanzler Helmut Kohl, am Montag von seinem Urlaubsort aus gegen die angelaufene Debatte über den Kurs und den Standort der CDU gewandt. Er bezeichnete sie in einer in Bonn verbreiteten Erklärung als unsinnig, wirklichkeitsfremd und deshalb überflüssig. „Als Volkspartei“ sei sie weder eine Links– noch eine Rechtspartei, sondern verkörpere die politische Mitte des Volkes. In Bezug auf den derzeitigen Streit in der Union über die Aufnahme der 14 vom Tod bedrohten Chilenen meinte Kohl: „Die CDU hat sich stets für die berechtigten Interessen der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge eingesetzt und wird dies auch weiterhin tun. Um Sympathie und Verständnis für diese Mitbürger habe ich persönlich in den vergangenen Jahren im In– und Ausland mehr als andere geworben.“ Kohl weiter: „Deshalb gibt es überhaupt keinen Grund für eine selbstquälerische Debatte über den Kurs der CDU.“ Seit 14 Jahren stelle er sich als Vorsitzender der CDU der Verpflichtung, „das Erbe von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard zu bewahren und zu gewährleisten, daß diese große Volkspartei in ihrer Politik Maß und Mitte bewahrt. Ich werde weiterhin meine Pflicht tun und nicht zulassen, daß von diesem erfolgreichen Kurs nach der einen oder anderen Seite abgewichen wird.“ Kohl kündigte an, daß die Führungen von CDU und CSU nach der Sommerpause gemeinsam die weitere Arbeit besprechen würden. Was das Schicksal der 14 Chilenen angehe, so werde die CDU alles unternehmen, um sie vor der Todesstrafe zu bewahren. Gemäß Kabinettsbeschluß und seiner Erklärung vom 29. Juli werde eine Entscheidung über eine Aufnahme der Chilenen in der Bundesrepublik „auf der Grundlage gesicherter Tatsachen zu treffen sein, sobald konkreter Entscheidungsbedarf besteht.“ Das SPD–Präsidium hat die Bundesregierung und die Koalitionsparteien aufgefordert, ihr Verhältnis zu den Menschenrechten zweifelsfrei zu klären. Die Äußerungen des CSU–Vorsitzenden Strauß zur Lage der Menschenrechte in Chile vom Wochenende seien „verachtenswert“, erklärte das SPD–Präsidium. Der Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen durch rechtsgerichtete Diktatoren sei in der Union auf eine Minderheit beschränkt. Nach dem Willen der Koalitionsmehrheit solle die mit großer Verspätung von Teilen der Unionsparteien erkannte Menschenrechtssituation in Chile für die deutsche Politik folgenlos bleiben, erklärte das SPD–Präsidium. Die Kampagne der CDU– Politiker Heiner Geißler und Norbert Blüm werde damit zu einem reinen Propagandamanöver entwertet. Geißler und Blüm hätten ihre eigene Fraktion nicht hinter sich bringen können.

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