: Kohl blieb stumm zur Strauß-Reise
■ SPD konnte gestern in der Geschäftsordnungsdebatte im Bundestag keine Regierungserklärung erzwingen / Heute Aktuelle Stunde zur Südafrika-Reise von Strauß / CSU-Chef giftet im Bayernkurier über Kritiker
Bonn/München (ap) – Die SPD ist im Bundestag mit dem Versuch gescheitert, eine Regierungserklärung von Bundeskanzler Helmut Kohl über die Südafrikareise des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß zu erzwingen. Die Mehrheitsverhältnisse im Parlament erschienen nach einer Geschäftsordnungsdebatte ge stern allerdings so knapp, daß die amtierende Bundestagsvizepräsidentin Annemarie Renger einen Hammelsprung anordnete. 168 Abgeordnete stimmten für, 199 gegen den SPD-Antrag.
Der SPD-Parlamentarier Günter Verheugen begründete die Forderung seiner Fraktion damit, daß Strauß „Unklarheit und Verwirrung“ über den außenpoliti schen Kurs und den inneren Zustand der Bundesregierung erzeugt habe. Die SPD verlange eine Erklärung, warum der Bundeskanzler es für richtig gehalten habe, in einer schwierigen außenpolitischen Situation jemand anderen zu beauftragen als den zuständigen Ressortminister.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU- Fraktion, Rudolf Seiters, wies die von den Grünen unterstützte Forderung der SPD als „merkwürdig und kurios“ zurück. Für heute sei eine Aktuelle Stunde vereinbart, bei der Kohl das Wort ergreifen werde.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Hubert Kleinert, warf Strauß vor, er habe sich zum „Handlanger eines verbrecherischen Rassistenregimes“ gemacht, unterstützt von einem Mitglied der Bundesregierung, dem beamteten Staatssekretär im Entwicklungshilfeministeriums, Siegfried Lengl.
Für die FDP-Fraktion erklärte deren Parlamentarischer Geschäftsführer Torsten Wolfgramm, eine sorgfältig vorbereitete Debatte über Südafrika sei notwendig. Sie werde ergänzend zu der Aktuellen Stunde, an der auch Außenminister Genscher teilnehmen werde, in Kürze stattfinden. Die Debatte wird sich auf einen Antrag der SPD stützen, den diese am Mittwoch im Bundestag einbrachte.
Bundeskanzler Kohl hat gestern in dem wöchentlichen Koalitionsgespräch in Bonn auf Wunsch von FDP-Chef Martin Bangemann noch einmal bekäftigt, daß die Afrika-Politik der Bundesregierung unverändert bleibt. Mit scharfen Angriffen auf SPD und Teilen der FDP hat der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß auf die Kritik an seiner Reise ins südliche Afrika geantwortet. Im Parteiorgan Bayernkurier schreibt Strauß, es sei bedauerlich und dem Klima der Bonner Koalition „außerordentlich abträglich“, daß sich auch Teile des Koalitionspartners FDP „auf den Kurs blinden und schädlichen Eiferns“ begeben hätten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen