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Kohl, Waldheim und die Juden

■ betr.: "Demokratie ist..." (...wenn ein Jude die deutsche Einheit positiv, negativ oder gleichgültig betrachtet), Gastkommentar von Belinda Cooper, taz vom 31.3.92

betr.: „Demokratie ist...“ (...wenn ein Jude die deutsche Einheit positiv, negativ oder gleichgültig betrachtet), Gastkommentar von Belinda Cooper,

taz vom 31.3.92

Ist es dem Jüdischen Weltkongreß zu verdenken, daß ihn die 1989 am Horizont auftauchende Wiedervereinigung nicht begeisterte? Die sogenannte Vergangenheitsbewältigung sieht eben auf der Opferseite etwas anders aus als auf der Täterseite. Wo den spät Geborenen die Amputation gewisser Gedächtnisanteile mühelos glückt, werden die Opfer um so hellhöriger. Und wer, wenn nicht der WUC, war 1989 berufen, Bedenken gegen die neue, Europäische Großmacht Deutschland einzuwenden?

Nun steht diese Großmacht langsam auf sicheren Füßen und ihr oberster Repräsentant schlägt in eine nur allzubekannte Kerbe: „Die Juden konspirieren gegen uns!“ Dieser Tiefschlag erfolgt ohne jeden Zusammenhang. Was hätte eine damalige Intervention des WUC gegen die Wiedervereinigung mit dem aktuellen Anlaß jüdischer Kritik an Kohl zu tun? Nichts, aber offensichtlich ist ein noch so fadenscheiniger Vorwand gerade recht, um latent vorhandene antijüdische Vorurteile gezielt für eigene machtpolitische Instinkte zu mobilisieren.

Steinberg und Galinski reagierten mit Dementis und dem Vorwurf der Dickfälligkeit. Diese Reaktion ist leider zu schwach, denn Kohls Agitation muß in Anbetracht der deutschen Vergangenheit als brutal eingestuft werden. Anscheinend weiß er sich von seinem Volk getragen. Ruth Lohbeck, Hamburg

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