Körtings Schäuble-Kritik : Viel Schelte vom Erfahrenen
Ehrhart Körting kann sich seine jüngste Kritik an Wolfgang Schäubles Überwachungsplänen leisten. Der 64-Jährige hat schon Law-and-Order-Debatten geführt, als die meisten, die heute nach schärferen Gesetzen zur Terrorabwehr rufen, das Wort aol-Qaida noch nicht kannten. Auch deshalb hat es besonderes Gewicht, wenn Körting sagt: Der Einsatz der Bundeswehr im Inland ist Unsinn. Und für letztlich erfolglose Onlinedurchsuchungen von Computern lohne keine Grundgesetzänderung. „Rechtzeitige Information“ über Bedrohungen bleibe das Wichtigste. Das zu sagen, scheint für einen SPD-Politiker selbstverständlich. Doch Körting wagt sich damit weit vor.
KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE
Der Senator spricht derzeit nicht nur als Landespolitiker, sondern auch als Vorsitzender der Innenministerkonferenz der Länder. Zehn ihrer 16 Mitglieder sind CDU-Mitglieder. Auf seine Kollegen muss der Berliner Rücksicht nehmen. Dass er dennoch so klar den Überwachungsfantasien von Innenminister Schäuble entgegentritt, verdient Beachtung.
Warum tut Körting das? Weil sein Selbstbewusstsein in den vergangenen Monaten und Jahren noch stärker geworden ist: Rechte Kameradschaften bekommen in Berlin kein Bein auf den Boden. Das Riesenereignis Fußball-WM ging 2006 glatt über die Bühne. Der 1. Mai ist ein fast normaler Feiertag geworden. Und Körting redet so, weil er weiß, dass seine Karriere im jetzigen Job enden wird: Bundesinnenminister wird er nicht mehr werden. Er hat keinen Grund, mit seinen dezidierten Meinungen hinter dem Berg zu halten.
Körtings Arbeit ist daher auch ein Beweis: Sicherheit braucht nicht immer schärfere Gesetze. Sie braucht die Befolgung der bestehenden Regelungen und reichlich Prävention.