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Königsetappe der Tour de FranceContador macht den Armstrong

Der Spanier hängt die Konkurrenz auf der Königsetappe der Tour ab und fährt ins Gelbe Trikot. Auch Armstrong kann nur hinterschauen. Überschattet wird das Wochende vom Unfalltod einer Zuschauerin.

Alberto Contador hat es allen gezeigt. Auch Lance Armstrong. Und den Dopingfahndern sowieso. Bild: ap

VERBIER taz/dpa | Lance Armstrong sah ganz schön alt aus. Der Rückkehrer musste am Sonntag zuschauen, wie sein elf Jahre jüngerer Teamkollege Alberto Contador die Königsetappe der diesjährigen Tour de France als souveräner Solist gewann und das Gelbe Trikot des Gesamtführenden eroberte.

Bei der ersten Kletterpartie durch die Alpen verlor Rekordsieger Armstrong als Tagesneunter 1:35 Minuten auf seinen überragenden Astana-Kontrahenten Contador, der mit einer triumphierenden Schuss-Geste die Ziellinie passierte. "Ich bin sehr sehr glücklich und froh, dass ich solch eine Lücke zu meinen Rivalen aufreißen konnte", sagte Contador.

Doch hinter den Erfolgen des Spaniers und Tour-Siegers von 2007 steht immer auch ein großes Fragezeichen - wie hinter jeder radsportlichen Spitzenleistung. Contador sieht sich nach wie vor starken Vorwürfen ausgesetzt, Kunde des spanischen Doping-Arztes Eufemiano Fuentes gewesen zu sein.

Gesamtwertung nach 15 Etappen

1. Alberto Contador (Spanien) 63:17:56 Std.

2. Lance Armstrong (USA) + 1:37 Min.

3. Bradley Wiggins (Großbritannien) + 1:46

4. Andreas Klöden (Deutschland) + 2:17

5. Andy Schleck (Luxemburg) + 2:26

6. Rinaldo Nocentini (Italien) + 2:30

7. Vincenzo Nibali (Italien) + 2:51

8. Tony Martin (Schwalbach) + 3:07

9. Christophe le Mevel (Frankreich) + 3:09

10. Frank Schleck (Luxemburg) + 3:25

Bei der diesjährigen Tour sorgte sein ohnehin mit heftigen Vorwürfen konfrontiertes Astana-Team für Aufsehen, weil es eine Dopingprobe erst mit 55 Minuten Verspätung ablieferte.

Um 43 Sekunden verspätet erreichte am Sonntag der Luxemburger Andy Schleck als Zweiter hinter Contador das Ziel im auf 1486 Meter Höhe gelegenen Schweizer Skiort Verbier. Mit weiteren 20 Sekunden Rückstand kam Vincenzo Nibali aus Italien auf den dritten Platz.

Contador nahm auf der über 207,5 Kilometer führenden Etappe nicht nur dem 37 Jahre alten Armstrong wertvolle Zeit im Poker um den Gesamtsieg ab, sondern auch allen anderen Favoriten. Cadel Evans (Australien) verlor 1:26 Minuten, Vorjahressieger Carlos Sastre (Spanien) 1:06 Minuten. In der Gesamtwertung führt Contador nun vor Armstrong, der 1:37 Minuten zurückliegt, und dem Briten Bradley Wiggins (+1:46). Neuer Gesamtvierter ist Astana-Edelhelfer Andreas Klöden mit einem Rückstand von 2:17 Minuten.

Die entscheidende Attacke startete der Toursieger von 2007 auf dem 8,8 Kilometer langen und 7,5 Prozent steilen Schlussanstieg. 5500 Meter vor dem Ziel trat der 26-Jährige in bester Armstrong-Manier an und ließ alle Rivalen stehen. Mit dem Rekordchampion eint Contador neben der eleganten Umgehung von Dopinganschuldigungen nun also auch die dominante Fahrweise auf der Strecke.

Sportlich konnte Armstrong jedenfalls an diesem Tag nichts mehr zusetzen. Einzig der Helferarbeit seines Teamkollegen Andreas Klöden hatte es der Texaner zu verdanken, dass er nicht noch mehr Zeit einbüßte.

Zuvor war eine zehnköpfige Spitzengruppe, in der auch der frühere Spitzenreiter Fabian Cancellara fuhr, im Finale zerfallen. Bereits dieser Tempoverschärfung musste Tony Martin Tribut zollen. Nach zwei Wochen im Weißen Trikot gab der Cottbusser das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers an den Luxemburger Andy Schleck ab.

24 Stunden früher war das deutsche Milram-Team mit einer Attacke mal wieder erfolglos geblieben. Als bester Sprinter fuhr Gerald Ciolek lange in einer Fluchtgruppe, konnte aber 10 Kilometer vor dem Ziel in Besancon nicht mit dem späteren Tagessieger Sergej Iwanow aus Russland mitgehen. Milram-Teamchef Gerry van Gerwen hat schon vor der letzten Tour-Woche die Hoffnung auf einen Coup fast aufgegeben: "Das war vielleicht unsere letzte Chance auf einen Tagessieg."

Der Tour-Abstecher in die Schweiz ist auch eine Verbeugung vor dem in Aigle ansässigen Weltverband UCI, mit dem die Tour- Verantwortlichen im Vorjahr noch im Streit lagen. Am UCI-Sitz sind für den zweiten Ruhetag am Montag Pressekonferenzen mit dem Träger des Gelben Trikots und Armstrong geplant.

Überschattet wurde das Tour-Wochenende vom Unfalltod einer Zuschauerin. Die 61-jährige wurde am Samstag von einem Motorrad-Polizisten erfasst und starb im Krankenhaus. Das Fahrerfeld gedachte der Toten mit einer Schweigeminute vor dem Start der Königsetappe am Sonntag.

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3 Kommentare

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  • MS
    Max S

    Traurig aber wahr... liebe TAZ,

    leider muss ich feststellen, dass ihr wohl doch das Auge wieder auf den großen Doping Cirkus geworfen habt.

     

    Wo bleibt die Berichterstattung über die querdenkende und wortstarke Sabine Spitz, welche gestern ihren Titel als Deutsche Meisterin im Mountainbiken verteidigen konnte ?

    Viele Mountainbiker haben sich sehr über eure Berichterstattung über den MTB Cross Country Sport während und nach den olympischen Spielen gefreut.

  • B
    baum

    Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum auch weiterhin berichtet wird, wenn doch eigentlich jeder weiss, alle sind mehr oder weniger gedopt, bzw. sollten eigentlich gar nicht dabei sein, als überführte Doper.

    Bei dem einen kommt es noch während der Tour raus, bei anderen erst (Jahre) später, und so läuft es doch schon seit Jahren, eigentlich ja schon immer.

    Wie man dann auf seriöse Berichterstattung machen kann, verstehe ich nicht ganz, wie das auf die Jugend wirken muß, interessiert wohl keinen. Dann braucht man sich auch nicht wirklich wundern, wenn auch im Breitensport kräftig gedopt wird, mit entsprechenden Folgen und Nebenwirkungen.

  • D
    duke

    Ein vermeintlicher Toursieger, der wegen Doping lebenslang gesperrt sein sollte.

     

    Mehr muss man dazu nicht sagen.