Kölns politische Jugendorganisationen – Teil 3 der taz-Serie, heute: die Jungen Liberalen : Per Ausschlussverfahren zum FDP-Nachwuchspolitiker
Was könnte wohl einen Jugendlichen dazu bringen, ausgerechnet bei den Jungen Liberalen (Julis) mitzumachen? Die Antwort von Jan Krawitz kommt wie aus der Pistole geschossen: „Wir Julis schränken unsere Mitglieder eben nicht durch ein konservatives Umfeld ein wie die JU, sind nicht so gleichmacherisch wie die Jusos und nicht so dogmatisch wie die Grüne Jugend“, sagt der Kölner Kreisvorsitzende des FDP-Nachwuchses.
Der 23-jährige Student der Politikwissenschaft fand über die Arbeit an Schülerzeitungen zu seinem Interesse an Politik. Für die Julis entschied sich Krawitz dann 1999 per „Ausschlussverfahren“: „Weil ich mit den anderen Jugendorganisationen und Parteien gar nichts anfangen konnte.“ Jetzt tritt er bei der Landtagswahl im Mai als FDP-Direktkandidat in Porz an. Und seine Julis, zu fast 80 Prozent auch FDP-Mitglieder, wollen nicht nur für ihn kräftig Wahlkampf machen. Aber einen „Spaßwahlkampf“ à la Möllemann und Westerwelle werde es nicht mehr geben, betont Krawitz. Den Julis ginge es vielmehr um „richtige“ Politik anstatt blau-gelbes Container-Kasperletheater.
Der Spaß im Wahlkampf soll jetzt über konkrete Aktionen kommen, die die Julis selbst organisieren. So wollen sie sich bei einer Podiumsdiskussion mit Multikulti beschäftigen. „Es gibt immer noch zu viele Gruppen, die nicht richtig integriert sind“, klagt Krawitz: „Manche wollen das nicht, aber anderen wird auch von Stadt und Politik nicht die Möglichkeit dazu gegeben.“ Das müsse sich ebenso ändern wie die Tatsache, dass immer noch viel zu wenige städtische Amtsleiterposten an Menschen mit Migrationshintergrund vergeben werden.
In den Wahlkampf wollen die Julis auch mit traditionellen liberalen Lieblingsthemen ziehen. Das ist nicht zuletzt der Einsatz für Bürgerrechte. Die gesetzlich geplante Durchleuchtung von Bankkonten bezeichnet Krawitz als „klaren Eingriff in die Privatsphäre“. Auch Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen oder die „Vorratsspeicherung“ von E-Mails erregen seinen Unmut. „Wir wollen für alle die größtmögliche Freiheit“, verkündet Krawitz mit leichtem Pathos.
Da verwundert es wenig, dass manchmal auch zwischen Jung- und älteren Liberalen die Fetzen fliegen. So, als es um die Planung für die Kommunalwahl im vergangenen Jahr ging. Die FDP setzte voll auf das Reizthema „Sicherheit“ und versuchte sich als „Law-and-Order“-Partei rechts zu profilieren; die Julis hätten lieber die Bildungspolitik stärker in den Vordergrund geschoben. Aber so ein Zwist wird hinter den Kulissen ausgetragen. Und natürlich geben die Julis in der Regel klein bei. Schließlich sind sie ja keine linken Aufrührer wie einst die Jungdemokraten. Der erste FDP-Jugendverband machte sich 1982 selbstständig. Julis hingegen machten Karriere. Und das machen sie immer noch.
FRANK ÜBERALL