Koalition plant Gipfel: Querelen um die Frauenquote
Arbeitsministerin von der Leyen will eine 30-Prozent-Quote für Führungsgremien und ein Gesetz. Frauenministerin Schröder viel lieber eine "Flexi-Quote".
Die Bundesregierung will in diesem Jahr ein "Quotengesetz" vorlegen. Das kündigte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an. Wann das Papier kommt und was genau drinstehen soll, ist jedoch unklar. Denn derzeit gibt es dazu Streit in der Koalition. Während von der Leyen für eine 30-Prozent-Quote für Führungsgremien börsennotierter Unternehmen plädiert, will Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) nur eine "Flexi-Quote", also die "Pflicht zur Selbstverpflichtung" für Firmen.
Die FDP lehnt eine verbindliche Quote ab. Das wäre ein "gezielter Eingriff in die Vertragsfreiheit und auch die Personalpolitik der Unternehmen", sagte FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Auch Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) wehrt sich gegen eine gesetzliche Regelung. Die würden schnell zur "Alibiveranstaltung", sagte Haderthauer. "Da gibt es dann, wie wir wissen, einige wenige Vorzeigefrauen, die sich eine Vielzahl von Aufsichtsratsmandaten teilen, aber im Unternehmen selbst tut sich deswegen noch lange nichts." Kristina Schröder kündigte für März einen "Quotengipfel" mit Unternehmen an. Die Wirtschaft lehnt Quoten ab.
Mit ihrem Vorschlag zur "Flexi-Quote" zieht Kristina Schröder in der aktuellen Debatte lediglich nach. Denn von der Leyen, Schröders Vorgängerin, hat mit der Quote - nach Themen wie Alleinerziehende sowie Frauen und Erwerbsarbeit - einen weiteren Bereich aus ihrem alten in ihr aktuelles Haus rübergezogen.
Schröder hatte zudem im Handelsblatt für das Frühjahr einen Stufenplan angekündigt, mit dem die Zahl der Frauen in Führungsgremien erhöht werden kann. Der Stufenplan indes ist nicht neu, sondern wurde im Koalitionsvertrag vereinbart. Allerdings hatte ein Referent im Bereich Chancengleichheit des Frauenministeriums noch im Dezember erklärt, dass sein Ministerium "in dieser Legislaturperiode keinerlei Planungen auf den Weg" bringe. Vor gut einem Jahr hatte sich Schwarz-Gelb gegen die Quote ausgesprochen.
In der EU-Kommission wird eine gesetzliche Frauenquote seit Längerem positiv debattiert. EU-Justizkommissarin Viviane Reding forderte im Sommer, dass europäische Großunternehmen spätestens 2015 jeden dritten Managerposten mit einer Frau besetzen. Jetzt spricht sich auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier für eine solche Regelung aus. In Norwegen gibt es seit 2006 eine 40-Prozent-Quote, die bis 2008 problemlos erfüllt wurde. Vor anderthalb Wochen hat sich Frankreich eine Quote verordnet. Und in Dänemark kündigte die rot-rote Opposition aus Sozialdemokraten und Sozialisten für den Fall ihres - derzeit laut Meinungsumfragen durchaus erwartbaren - Sieges bei den diesjährigen Parlamentswahlen eine 40-Prozent-Quote an.
Vergangene Woche legten die beiden Oppositionsparteien ein gemeinsames Gleichstellungsprogramm vor. Das enthält unter anderem die Klausel, dass spätestens 2015 die Aufsichtsräte in Aktiengesellschaften zu 40 Prozent weiblich sein sollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“