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Knast-Ausbrecher unter Mordverdacht

■ Aus der JVA Blockland Entflohener meldete sich telefonisch / Justizressort für liberalen Vollzug

Gegen einen der Männer, die am Silvesterabend aus der Jugendvollzugsanstalt Blockland ausgebrochen sind, liegt ein Haftbefehl wegen Mordverdachs vor. Das hat das Justizressort gestern auf Anfrage der taz bestätigt. Der 21jährige Mann steht unter Verdacht, im Frühjahr diesen Jahres in Bremerhaven einen mutmaßlichen Drogenhändler mit einem Baseballschläger ermordet zu haben. Einer seiner möglichen Komplizen, der bei der Tat dabei gewesen sein soll, ist ebenfalls Silvester aus der Justizvollzugsanstalt geflohen.

Drei der Ausbrecher sitzen zwischenzeitlich wieder in Blockland ein. Ein Mann wurde noch in der Silvesternacht in der Nähe der Anstalt aufgegriffen. Ein anderer stellte sich der Polizei in Bremerhaven. Der dritte klopfte Dienstag abend selbst ans Tor der Justizvollzugsanstalt. Justizressort und Anstaltsleiter gehen davon aus, daß sich in den nächsten Tagen auch jener Mann stellen wird, gegen den der Haftbefehl wegen Mordverdachts vorliegt. Nach Informationen der taz hat er zwischenzeitlich in der Anstalt angerufen und angekündigt, zur Hauptverhandlung Mitte Januar sei er wieder da. Der Mann war in Blockland wegen einer achtmonatigen Jugendstrafe wegen Betrugs inhaftiert. Im März hätte er die Strafe verbüßt. Solange war auch der Haftbefehl wegen Mordes außer Vollzug gesetzt, und die Untersuchungshaft (ebenfalls in der JVA Blockland) war unterbrochen worden.

Justiz-Pressesprecher Dr. Henning Maul-Backer warnte gestern ausdrücklich davor, voreilige Konsequenzen für den liberalen Strafvollzug zu fordern. „Wir dürfen es nicht vergessen, daß es sich hier um ganz junge Menschen handelt“, sagte der Jurist gestern gegenüber der taz. „Dieser Vorfall ist nicht dazu angetan, die Grundsätze der bremischen Kriminal- und Strafvollzugspolitik in Frage zu stellen. Das bedeutet natürlich nicht, daß wir auf Kontrolle und Sicherheit verzichten. Aber wenn man diese Jugendlichen kompromißlos wegschließt und einsperrt, raubt man ihnen die Chance, sich mit Hilfe des liberalen Strafvollzuges in ein Leben ohne Straftaten zurückzufinden.

Die CDU hat zwischenzeitlich eine lückenlose Aufklärung des Vorfalls gefordert. „Kaum haben wir einige Tage Dauerfrost, da nutzen zehn Prozent der jugendlichen Häftlinge die Eisdecke auf dem Schutzgraben und hauen ab, weil ganz offenbar die Sicherheitseinrichtungennicht ausreichen“, kommentierte Sigrid Koestermann, zuständige CDU-Sprecherin, den Massenausbruch. Eine „gründliche Diskussion“ über „notwendige Verbesserungen“ der Sicherheitsvorkehrungen sei unverzichtbar.

kes

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