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Archiv-Artikel

Klischee-Slam

Senait Mehari, 25, ist mit dem Song „Herz aus Eis“ die taz-Kandidatin für den Grand Prix 2003 am 7. März in Kiel. Jeden Samstag lesen Sie hier im taz.mag ihre Kolumne.

Ich bin kein Opfer. Ich möchte nicht immer über meine Hautfarbe eine Sonderstellung beziehen müssen. Ich bin Deutsche mit dunkler Hautfarbe. Nicht weniger. Klischees, Vorurteile begegnen mir ständig. Können alle Schwarzen so gut singen? Nicht Schwarze, Senait kann es. Schwarze haben doch den Rhythmus im Blut! Auf der Straße werde ich häufig auf Englisch angeredet. Do you speak German, oder was? Toll im Hüftschwung, gut im Gospelchor, aber nichts im Kopf? Ich will nicht ständig über Diskriminierung nachdenken. Pauschalurteile sollen nicht meine Person, mein Image bestimmen. Ich will mich frei entfalten, beruflich und privat. Bei meinen Freunden kann ich mich entspannen, locker sein, Senait sein. In Interviews muss ich mich oft erklären. Eigentlich gehe ich nicht davon aus, dass man mich nur als eine Person anderer Hautfarbe wahrnimmt. Eine Zeit lang war meine Wahrnehmung so. Ich musste meine Sicht auf mich selber verändern, um festzustellen, dass ich mich da täusche. Die Rolle der Außenseiterin lehne ich ab; ich bin immer mittendrin, voll dabei. Es gibt andere, gute Beispiele: Xavier Naidoo ist erfolgreich. Roberto Blanco ist Entertainer. Seine Hautfarbe im Kontrast zu knallbunten Jacketts. Er ist mit sich klar. Ich steh nicht auf seine Musik, aber ich schätze seine Haltung. Dazu gehört auch, dein Image zu kennen, damit zu spielen. Ich neige nicht dazu, mich in Gruppen nur von Schwarzen wohler zu fühlen. Ich stehe nicht hinter der Black-Panther-Ideologie: Separation statt Integration. Denn ich bin hier zu Hause, lebe in Berlin und liebe Hamburg. Habe hier meine Freunde, bin willkommen. Und starte jetzt richtig durch. EURE SENAIT