: Klingt nach Lug und Trug
■ Geschlechtervertrag stieß auf Mißtrauen
Mehr als vierzig Frauen drängten sich am Sonntag morgen in einen Klassenraum, um mit Frigga Haug über die Frage, „Was haltet Ihr davon, einen neuen Geschlechtervertrag zu diskutieren?“ zu streiten.
Die Soziologin, Argument-Verlag-Chefin und Krimi-Autorin zog allerdings, bevor sie der versammelten Frauschaft die entscheidende Frage stellte, zwei große theoretische Schleifen. Zunächst einmal bettete sie die strukturelle Unterdrückung der Frau in das kapitalistische System ein und entlarvte die Krise des Sozialstaates als einen Versuch, Frauen wieder an den Herd zu verbannen. Dann erzählte sie das „Märchen“ vom Gesellschaftsvertrag von Rousseau bis zu neuesten Vertragstheorien schwedischer Feministinnen.
Dann erst erläuterte sie die Vorstellung, alle Frauen säßen an einem Tisch und überlegten sich, wie sie einen Vertrag zur Schaffung einer besseren Welt aushandeln könnten. Bereits an diesem Punkt zeichneten sich in einigen Gesichtern im Publikum große Fragezeichen ab: „Was, ein Vertrag auch mit allen Claudia Noltes und Maggie Thatchers dieser Welt? Wie, wir sollen mit den Männern darüber verhandeln, wer sich um die Kinder kümmert? Erstens geschieht das doch die ganze Zeit und zweitens hat es noch nicht viel gebracht!“
So war weniger Frigga Haugs Modell Gegenstand der folgenden Debatte, als vielmehr der uralte Hut „Was haben wir mit CDU-Politikerinnen zu tun?“ – ein Zeichen dafür, daß der Gesellschaftsvertrag eine liberal-wirtschaftliche Vorstellung ist, die sich in den Soziologinnen-Hirnen vieler Feministinnen querstellt. „Klingt nach Lug und Trug“, formulierte eine das allgemeine Unbehagen an dieser Idee. uwi
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