Klimawandel: Arktis könnte in 15 Jahren eisfrei sein
Nach neuen Messungen taut das Eis im Sommer in der Arktis viel schneller als bislang angenommen.
STOCKHOLM taz Bereits im Sommer 2022 kann die Arktis nahezu vollständig eisfrei sein. Aktuelle Messungen der Eisdecke rund um den Nordpol haben ergeben, dass diese mittlerweile um 2,5 Millionen Quadratkilometer im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre zwischen 1978 und 2000 geschrumpft ist. Mittlerweile ist der Eispanzer nur noch weniger als 5,5 Millionen Quadratkilometer groß. Leif Toudal Pedersen von Dänemarks Technischer Universität und Leiter des "Polar View"-Projekts, das im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur ESA aufgrund von Satellitenbeobachtungen die Entwicklung des Eises an beiden Polen verfolgt, teilte diese neuesten Zahlen in dieser Woche mit. Danach ist die Eisdecke in der Arktis binnen zwei Jahrzehnten um etwa 45 Prozent geschmolzen.
"Zwei Wochen vor dem Ende des arktischen Sommers ist die Eisdecke schon jetzt an einem extremen Tiefpunkt, den wir in den 50 Jahren, in denen wir Daten erheben, noch nie erlebt haben", berichtet Pedersen. Zwar habe man bereits in den vergangenen Sommern eine kräftige Reduktion beobachten können, doch die Entwicklung der letzten Monate habe die der bisherigen Jahre, vor allem auch die des bisherigen Rekordsommers 2005, weit übertroffen. Ein Großteil des Eisrückgangs sei vermutlich direkt auf die globale Erwärmung zurückzuführen. Doch habe es gleichzeitig auch eine Kombination mit einer anderen Entwicklung gegeben: So habe es Meeresströmungen gegeben, die bislang in dieser Stärke nicht beobachtet worden seien. So sei Eis von der Küste Sibiriens über den Nordpol an die Ostküste Grönlands getrieben worden, wo es dann geschmolzen sei.
Waren die bisherigen Modelle davon ausgegangen, dass die Arktis in 30 bis 40 Jahren während des Sommers eisfrei sein könnte, müsse man nun diese Prognose gründlich revidieren, meint Pedersen: "Setzt sich die Entwicklung der letzten 10 Jahre fort, dauert das vielleicht nur noch 15 bis 20 Jahre." Als "erschreckend" bezeichnet Eigil Kaas, Meteorologie-Professor an der Kopenhagener Universität, diese Entwicklung. Damit würden offenbar "die extremsten Prognosen" bestätigt.
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