Klimawandel: Nordwestpassage ohne Eis

Die Nordwestpassage durch die kanadische Arktis ist erstmals komplett aufgetaut und für Schiffe befahrbar. Schon 2020 könnte der Nordpol eisfrei sein.

Eis wird eng für Arktisbewohner. Bild: dpa

BERLIN taz Die Nordwestpassage durch die kanadische Arktis ist erstmals komplett eisfrei. Auf Satellitenbildern der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) ist die legendäre Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik als durchgehendes Band erkennbar. Und nicht nur hier ist das Eis geschmolzen: Die Eisfläche der Arktis hat nach ESA-Angaben in diesem Sommer die geringste Ausdehnung seit Beginn der Satellitenbeobachtung vor 30 Jahren. Sie ist allein gegenüber dem Vorjahr von 4 auf 3 Millionen Quadratkilometer geschrumpft. Das sei eine dramatische Beschleunigung, sagte der dänische Wissenschaftler Leif Toudal Pedersen, in den letzten zehn Jahren habe sich das Eis im Schnitt nur um 100.000 Quadratkilometer pro Jahr verringert.

Wenn es so weitergeht, könnte der Nordpol schon 2020 eisfrei sein, hatten im Mai US-Forscher gemutmaßt: "Es sieht so aus, als wären wir 30 Jahre früher dran als erwartet", so der Polarforscher Ted Scambos. Die Eismassen im arktischen Meer seien in den vergangenen 50 Jahren dreimal so schnell geschwunden wie von den bisherigen Computermodellen errechnet, auf die sich auch der UN-Klimarat (IPCC) bei seinen Prognosen gestützt hatte. Laut IPCC ist zwischen 2050 und 2100 mit einem eisfreien Nordatlantik zu rechnen.

Das schmelzende Eis am Nordpol lässt zwar den Meeresspiegel nicht steigen, weil zuvor das Eis ja auch schon im Wasser lag. Aber eine geschrumpfte Eisfläche reflektiert weniger Sonne, so dass sich die Erwärmung dadurch steigern dürfte.

Die plötzliche Eisfreiheit stößt aber nicht nur auf negative Reaktionen. Der Norweger Roald Amundsen, dem die Durchfahrt durch die Nordwestpassage als Erstem gelungen war, war von 1903 bis 1906 unterwegs gewesen. Knapp 100 Jahre später brauchte ein Schiff der kanadischen Polizei nur noch einen Monat. Die Schiffsroute von Europa nach Asien durch die Nordwestpassage ist gut 6.000 Kilometer kürzer als durch den Panama- oder den Suezkanal und damit wesentlich billiger. Überdies lassen sich die dort vermuteten Öl- und Gasvorkommen leichter ausbeuten, mit denen der Treibhauseffekt dann noch weiter angeheizt werden kann.

Russland hat bereits territoriale Ansprüche gestellt. Wissenschaftler erwarten, dass auch die Seeroute nördlich von Sibirien demnächst befahrbar sein könnte. Kanada wiederum betrachtet die Nordwestpassage als nationales Territorium und plant die Errichtung eines Hafens in der arktischen See für Frachtschiffe und für seine Patrouillenboote.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.