Klimaschutzgesetz: Klimaschutz schmilzt dahin
Das von der Umweltsenatorin groß angekündigte Klimaschutzgesetz kommt nicht. Grund sei, dass auch der Bund die Mieter stark belasten will.
Das geplante Klimaschutzgesetz wird vor der Abgeordnetenhauswahl im nächsten September nicht mehr verabschiedet werden. Umweltsenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) gab am Montag im Umweltausschuss bekannt, dass sich die rot-rote Koalition darauf geeinigt habe, anders als bislang angekündigt keinen Gesetzentwurf mehr in den Senat einzubringen.
Als Grund für die Entscheidung nannte Lompscher die aktuellen Gesetzesvorhaben auf Bundesebene: "Eine mieterschutzrechtliche Flankierung ist aufgrund der angekündigten Beschlüsse der Bundesregierung nicht möglich." Die Senatorin bezieht sich damit auf die Pläne der Bundesregierung, unter anderem Kosten für die energetische Sanierung stärker auf die Mieter abzuwälzen. Bei einem Klimaschutzgesetz für Berlin seien die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Mieter daher nicht abschätzbar.
Lompscher hatte erstmals 2009 einen Entwurf für ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Er sah umfangreiche Sanierungsmaßnahmen im Gebäudebestand und den Einsatz erneuerbarer Energien vor. Im Laufe der Zeit gab es jedoch zunehmend Abstriche bei den Entwürfen, woraufhin eine Allianz aus Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), dem Mieterverein und dem Berliner Landesverband des BUND einen Gegenentwurf vorlegte - den die Senatorin allerdings ablehnte.
Henrik Vagt, IHK-Referent für Energie- und Klimapolitik, sieht die Entscheidung daher wenig dramatisch: "Es ist nicht schlimm, dass das Gesetz in dieser Form scheitert." Bis zuletzt habe sich Lompscher nicht an den Entwurf der Verbände angenähert. Allerdings hält er Lompschers Argumentation mit der Gesetzgebung auf Bundesebene für wenig schlüssig: "Es kann schließlich nicht sein, dass die Pläne des Bundes der Todesstoß für alle Klimaschutzgesetze auf Landesebene sind."
Mit deutlicheren Tönen reagierte die Opposition: Michael Schäfer, umweltpolitischer Sprecher der Grünen, sprach im Ausschuss von einer "Bankrotterklärung des Senats". "Wenn Sie nichts tun, werden Sie die finanziell Schwächsten belasten, weil die Energiekosten weiter steigen", sagte er an die Umweltsenatorin adressiert. Die Problematik unvorhergesehener Kosten, die durch die Gesetzgebung auf Bundesebene entstehen könnten, sei außerdem einfach zu lösen: Eine Härtefallklausel, nach der bei unzumutbaren Situationen nicht saniert werden müsse, schwäche zwar die ökologische Wirkung des Gesetzes ab, aber auch die finanziellen Belastungen. Die CDU warf dem Senat ebenfalls vor, die Bundesebene nur vorzuschieben.
Ulf Sieberg, Klimaschutzreferent beim BUND, bezeichnete das Scheitern als "fatales Zeichen", das allerdings absehbar gewesen sei. So habe es Lompscher versäumt, sämtliche Akteure gleichzeitig um einen Tisch zu versammeln.
"Klimaschutz geht auch ohne Klimaschutzgesetz", hielt der umweltpolitische Sprecher der SPD, Daniel Buchholz, dagegen. Auch Lompscher verteidigte den Entschluss: Dass das Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht mehr verwirklicht werde, heiße nicht, dass in Berlin keine Klimaschutzpolitik mehr gemacht werde. Die angekündigten Klimaschutzziele, etwa die Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990, stünden trotzdem. Ein längerfristiges Ziel, wie sie es diesen Sommer angekündigt hatte, erwähnte sie allerdings nicht.
Der kommenden Regierung gibt IHK-Referent Vagt vor allem einen Ratschlag mit auf den Weg: "Das Klimaschutzgesetz ist ein schwieriges Projekt. Insofern muss man am Anfang der Legislaturperiode anfangen." Im aktuellen Fall sei man wohl zu sehr in den Wahlkampf hineingeraten.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!