Klimaschutz darf schmerzen : KOMMENTAR VON MALTE KREUTZFELDT
Nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarats scheinen alle glücklich zu sein. Die Umweltverbände freuen sich, dass der Klimawandel nun weltweit als Problem erkannt wird. Die Wirtschaft ist beruhigt, dass sie weiter wachsen darf und der Klimawandel preiswert zu stoppen ist. Und die Bundesregierung sieht sich durch den Bericht in ihrem umweltpolitischen Kurs bestätigt.
Dieser Jubel ist erstaunlich. Die Bedrohung durch den Klimawandel wurde schon 1992 auf der Konferenz von Rio de Janeiro beschworen. Lösungswege sind bekannt und werden schon lange im Kleinen umgesetzt. Dass die weltweite Politik diese Fakten nach 15 Jahren schließlich offiziell zur Kenntnis nimmt, ist eher bitter als großartig. Ob der Klimaschutz tatsächlich zu einem solchen Schnäppchenpreis zu bekommen ist, wie der aktuelle Kostenvoranschlag vorsieht, ist offen. Klar ist allerdings: Klimaschutz, der niemandem wehtut, wird es nicht geben. Und: Auch wenn es teurer wird, als jetzt verkündet, gibt es keine Alternative.
Besonders absurd ist die Selbstzufriedenheit von Angela Merkel und Sigmar Gabriel, die sich als Klimaretter darstellen und den aktuellen Bericht als Unterstützung für ihre Politik sehen. Fakt ist: Diese Bundesregierung, die seit anderthalb Jahren amtiert, hat noch kein einziges klimapolitisches Gesetz verabschiedet. An – durchaus ambitionierten – Absichtserklärungen mangelt es nicht. Doch die Umsetzung scheitert bisher am Koalitionsstreit und am Druck der Lobbygruppen. Ob Tempolimit oder Wärmegesetz, ob Auflagen für Kohlekraftwerke oder Autoemissionen: Immer wenn es konkret wird, schlägt die Stunde der Bremser.
Dass der aktuelle Bericht tatsächlich die erhoffte Wende in der Klimapolitik bringt, ist möglich – aber nach den Erfahrungen der Vergangenheit alles andere als sicher. Damit es überhaupt die Chance dafür gibt, müssen die Menschen nicht nur ihr eigenes Verhalten ändern, sondern auch Gegendruck zur Wirtschaftslobby aufbauen und die Politik permanent an ihre Zusagen erinnern. Nur wenn feststeht, dass WählerInnen und Geschichtsschreibung ein weiteres Versagen mit Sicherheit bestrafen, wird sich schnell etwas ändern. Weitere 15 verlorene Jahre kann die Welt sich nicht leisten.