piwik no script img

Kleines Fernsehspiel „Schwerkraft“Die Lösung der Bankenkrise

Die neue Sommerreihe „Shooting Stars“ im ZDF startet vielversprechend. In „Schwerkraft“ wird ein Banker zum Einbrecher und Gewalttäter.

Kriminelle Energie: Fabian Hinrichs spielt in „Schwerkraft“ die Rolle des Bankers Feinermann. Bild: dpa

Ein Banker hat es heute fürwahr nicht leicht. Zum Beispiel Frederik Feinermann. Er muss also, das gehört zu seinem Job, Herrn Schneider den Kredit kündigen. Das tut ihm wirklich leid, er weist noch mal auf die Schuldenberatung hin und, es gibt ja noch andere Dinge im Leben, fragt interessiert nach dem Band-T-Shirt, das Herr Schneider anhat.

„Das war’s!“, sagt Herr Schneider und zählt: „5, 4, 3 …“ Feinermann wundert sich: „Herr Schneider, was kommt denn jetz’? ’ne Mondlandung oder …“ „… 2, 1, wiedersehn!“ Herr Schneider steckt sich einen großen Revolver in den Mund, große Sauerei.

Hießen die Handelnden nicht Feinermann und Herr Schneider, die bei aller Dramatik urkomische, schön verspielte Szene könnte einem Hollywoodfilm entnommen sein. Sie steht aber am Anfang von Maximilian Erlenweins Spielfilmdebüt „Schwerkraft“, dem ersten Film der neuen Sommerreihe des Kleinen Fernsehspiels: „Shooting Stars – Junges Kino im Zweiten“. Die Reihe „Gefühlsecht“ war im vergangenen Sommer zum letzten Mal zu sehen.

Das neue Label für die Nachwuchsarbeit richtet den Fokus nun ausschließlich auf Kino-Koproduktionen. Alle Filme liefen vorher schon mal im deutschen Kino, bei „Schwerkraft“ war das im Frühjahr 2010 der Fall, gleich nachdem der Film auf dem Max-Ophüls Festival desselben Jahres viermal ausgezeichnet worden war.

Das ZDF spricht von Erstausstrahlungen

Unter dem Label „Shooting Stars“ zeigt das ZDF in den kommenden Wochen montags und freitags am späten Abend insgesamt sechs so bezeichnete „Erstausstrahlungen“ – obwohl „Schwerkraft“ und „Davon willst Du nichts wissen“ schon vorher im Fernsehen zu sehen waren. ZDF-Erstausstrahlungen eben.

Bei beiden genannten Filme muss man die Abgebrühtheit, die Professionalität, die Stilsicherheit den Debütanten attestieren – nicht zuletzt im Umgang mit filmischen Vorbildern. Feinermanns kalt durchgestylte Wohnung könnte auch „American Psycho“ Patrick Bateman als Domizil dienen.

Die Grundkonstellation von „Schwerkraft“ erinnert an den Michael-Caine-Film „A Shock to the System“. Da tötet ein Manager auf dem Abstellgleis eher versehentlich einen Menschen. Und empfindet, zu seiner Verwunderung, keinerlei Reue. Die Entdeckung der kriminellen Energie in sich wird für ihn zum Jungbrunnen und Erfolgsrezept. Zu einem ähnlichen Schlüsselerlebnis führt Feinermann der Suizid Herrn Schneiders.

Feinermanns Chef ist die Karikatur des zynischen Bankmanagers, seine aufbauend gemeinten Worte: „Sie haben absolut im Sinne der Bank gehandelt. Da kann man Ihnen nichts vorwerfen. Zwar hart – aber im Sinne der Bank.“ Mit seinem bösen Blick auf das Bankwesen hatte der Film im Produktionsjahr 2009 seinen Finger am Puls der Zeit und hat ihn da noch heute.

Einbrüche, die sich lohnen

Feinermann bricht aus aus seiner braven Existenz, bricht ein bei seinem Chef. Macht einen Fehler, den er nur mit Hilfe eines Kumpels aus alten Tagen wieder ausbügeln kann. Mit Vince Holland hat er früher in einer Psychobilly-Band gespielt, dann trennten sich die Wege. Holland ist gerade erst raus aus dem Knast.

Feinermann ist nach dem Einbruch beim Chef auf den Geschmack gekommen – außerdem weiß er, bei welchen Bankkunden sich ein Einbruch lohnt. Feinermann macht Holland einen Vorschlag: „Ich mach sozusagen ’ne Ausbildung bei dir.“ Hollands Regel Nummer eins: „Nie lange fackeln!“ Der Anzugträger Feinermann entdeckt, wie Michael Caine, die magische Wirkung körperlicher Gewalt.

Feinermann wird gespielt vom großartigen Theater- und Filmschauspieler Fabian Hinrichs; Holland von Jürgen Vogel, der die sensiblen Kleingangster-Proleten geben kann wie kein Zweiter. „Die Schwerkraft ist überbewertet“, singt PeterLicht – den Film kann er nicht gemeint haben.

Montag, 25.06.2012, 00.00 Uhr, ZDF

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!