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Klarsfelds Anti-Kiesinger-KampagneMit Wahrheit lügen?

Nicht das Zweckbündnis zwischen Klarsfeld und der DDR gegen Kiesinger war skandalös. Der Skandal besteht darin, wie taub die Bundesrepublik für ihre Vergangenheit war.

Naiv – ja. Skandalös – nein. Beate Klarsfeld ließ sich von der DDR mit Material über Kiesinger versorgen Bild: dpa

Die DDR hat Beate Klarsfeld 1968 bei ihrer Anti-Kiesinger-Kampagne unterstützt. Die Aktivistin bekam 25.000 Broschüren „Die Wahrheit über Kurt Georg Kiesinger“, Plakate, Klebezettel und Ähnliches. Das ist nicht so sensationell neu, wie derzeit getan wird, es stand schon 2004 in einigen Zeitungen.

Die Frage lautet: Durfte Klarsfeld sich von der DDR unterstützen lassen? Oder diskreditiert diese Hilfe, die über Einsicht in NS-Akten hinausging, den Versuch, der postfaschistischen westdeutschen Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten? Man nähert sich dabei wieder einmal der Frage, wie ähnlich oder wie verschieden NS-Regime und DDR waren.

Für Konservative ist die Sache klar: Wer mit realsozialistischen Regimen kooperierte, um im Westen Altnazis zu enttarnen, idealisierte damit die Tyrannei im Osten und machte die westdeutsche Demokratie verächtlich. Überhaupt, so der Tenor in der Welt, war die Kampagne gegen Kiesinger, der in der NS-Zeit nur ein kleines Licht war, agitatorisch überzogen.

Eine Marionette der Stasi

Auch Bundespräsident Heinrich Lübke müssen wir, wenn wir der Welt folgen, nicht als NS-Funktionär sehen, sondern als Opfer der Stasi, die mit gefakten Dokumenten einen gewählte Repräsentanten der Demokratie denunzierte. Die linksliberale Presse agierte in diesem Spiel als bewusstlose fünfte Kolonne, eine Marionette der Stasi, wie Klarsfeld auch.

Dieses Bild ist nur stimmig, wenn man ausblendet, wie hartnäckig die Bundesrepublik ihren Geburtsschaden, die Kontinuität der NS-Eliten, leugnete. Kein NS-Richter wurde in der Bundesrepublik je verurteilt. 1968 wurde sogar Hans-Joachim Rehse, Beisitzer an Freislers Volksgerichtshof, freigesprochen.

Eine unscheinbare Änderung der Verjährungsfrist 1968 sorgte dafür, dass es fortan faktisch keine Prozesse mehr gegen die Planer des Holocaust, etwa im Reichsicherheitshauptamt, gab. Albert Speer war wieder auf freiem Fuß, und das konservative Bürgertum dankbar bereit, zu glauben, dass auch Speer, Hitlers Kronprinz, nie Nazitäter gewesen war. Es gab keine Täter mehr, keine Funktionäre des Völkermords, nur noch Verführte.

Symbol einer Lebenslüge

Das Urteil über Kiesingers Karriere mag heute milder ausfallen. 1968 aber war er Symbol dieser Lebenslüge. Die Bundesrepublik wurde von einem Kanzler regiert, der im NS-Propagandaapparat mitgearbeitet hatte. Sie wurde von Bundespräsident Lübke repräsentiert, der vor 1945 KZ-Häftlinge beschäftigt hatte, um die Waffenproduktion in Schwung zu halten. Dabei gab es in der Politik, verglichen mit Beamten, Wirtschaftsführern et cetera, relativ wenig Exnazis in Führungspositionen. Das Risiko, aufzufliegen, war dort höher.

Man muss sich dieses wundersame Verschwinden der NS-Eliten und die Vermischung von demokratischer Normalität und gespenstischer Verdrängung vor Augen führen, um Klarsfelds Furor, auch ihre Einseitigkeit, zu beurteilen.

War die Anti-Kiesinger-Kampagne also falsch, weil sie den Interessen der DDR zupasskam? Nein. Der Einfluss der SED auf die mühsame, zähe Selbstaufklärung der Bundesrepublik blieb stets gering, die Idee, die Meinungsbildung dort beeinflussen zu können, Illusion.

Dass Klarsfeld sich in der DDR 1968 nicht nur mit Dokumenten, sondern auch mit Material versorgte, mag man naiv finden. Doch skandalös war nicht dieses Zweckbündnis, das bröckelte, als Klarsfeld gegen Antisemitismus in Polen protestierte. Skandalös war, wie taub die Bundesrepublik für ihre Vergangenheit war.

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16 Kommentare

 / 
  • SG
    Stefan Genrich

    Beate Klarsfeld hat sich durch die Jagd auf alte Nazis natürlich große Verdienste erworben - doch die Aktion gegen den damaligen Bundeskanzler Kiesinger gehört keineswegs dazu. Beate Klarsfeld hat wohl nicht bestritten, dass sie Kiesingers öffentliche Demütigung und Anklage in erster Linie als Symbol betrachtete und er als brauner Satan herhalten musste.

     

    Dass die DDR-Führung diesen Ansatz übersteigerte, mag Beate Klarsfeld seinerzeit nicht klar gewesen sein. Jedenfalls waren den SED-Genossen die tatsächlichen Verbrechen der Nazis herzlich gleichgültig, ging es doch bei der Unterstützung für Beate Klarsfeld in erster Linie um eine Diffamierung der Bundesrepublik und ihres politischen Systems - ein leichtes Spiel für Walter Ulbricht und seine verlogenen Jünger, denn die starke personelle Kontinuität seit dem Dritten Reich in Westdeutschland war schlecht zu übersehen.

     

    Die DDR verbarg hingegen den anhaltenden Einfluss ihrer alten Nazis geschickter. Diese Herrschaften gelangten bis ins ZK der SED oder bauten mit ihren Kenntnissen die Nationale Volksarmee auf, so lange sie sich nur zum Real Existierenden Sozialismus bekannten. Sogar aktive Mörder aus den KZs konnten nach dem Krieg etwa an den Hochschulen untertauchen, wenn sie die neue rote Fahne schwangen. Kritik an dieser Heuchelei konnte sogar als gefährliche Hilfe für den Klassenfeind diffamiert werden.

     

    Schließlich folgte die DDR anders als die Bundesrepublik einer strukturellen Kontinuität, denn in Deutschland überlebten preußischer Stechschritt, eine Militarisierung des Alltags, Beherrschung durch eine Ideologie und nicht zuletzt extreme Gesinnungsschnüffelei nur hinter dem Eisernen Vorhang. Dadurch wird der reaktionäre Klosettgestank vieler Bundesbürger der Sechziger Jahre übrigens keineswegs angenehmer.

     

    Beate Klarsfeld ist nicht unbedingt anzukreiden, dass sie DDR-Archivmaterial nutzte und rot lackierte Broschüren gegen einen Bundeskanzler mit braunen Flecken einschleppte. Hingegen wäre eine Entschuldigung dafür angebracht, dass sie die alten Nazis in der DDR nicht mal erwähnte und einer propagandistischen Kampagne sehr fragwürdiger Gestalten zum Erfolg verhalf. Sind diese Zusammenhänge so schwer zu begreifen?

  • KK
    Karl K

    @ von ralli:

    " So berechtigt der Protest von Klarsfeld war - sie hat sich dabei mit einer Partei zusammengetan, die selbst nichts gegen Nazis hatte, zumindest so lange sie nach dem Krieg auf die richtige, nämlich ihre Seite wchselten. Doe deutsche Partei mit dem höchsten Anteil an alt-Mitgliedern der NSDAP hieß nämlich in den fünfzigern: SEDzusammengetan, die selbst nichts gegen Nazis hatte, zumindest so lange sie nach dem Krieg auf die richtige, nämlich ihre Seite wchselten. Doe deutsche Partei mit dem höchsten Anteil an alt-Mitgliedern der NSDAP hieß nämlich in den fünfzigern: SED"

     

    " much all wesen" ! das mag alles sein!

     

    But, so what?

     

    " zusammengetan" ? Nö, seh ich so nicht!

     

    Es gab keinen anderen Weg!

    Und sie war darin nicht die einzige.

    Meine Tante war die rechte Hand des Gegenspielers von Ernst Reuter, Bürgermeister von Berlin, Ernst Lummer.

    Beide verfügten aus ihrer Zeit vor der Befreiung über enge persônliche Kontakte

    in die SBZ/DDR und nutzten sie konsequent.

    Mit Folgen. Ernst Lummer wurde nie von einem gewissen " Bimbes" Helmut Kohl

    bei historisierenden Einordnungen der " Aufbaujahre" erwähnt.

    Ich habe dieser Partei nie nahe gestanden, aber das ehrt Ernst Lummer!

  • KK
    Karl K

    @von Dirk:

     

    "…Ein Land übrigens, in dem die SED eigens eine Blockpartei für ehemalige (zumindest kleinere und mittlere) NSDAP-Kader geründet hat, die NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands - witzigerweise übrigens 1990 aufgegangen in der FDP)."

     

    Sorry, aber " …witzigerweise… in der FDP" -?

     

    Nö,!

    nur konsequent und der BRD-Geschichte entsprechend.

    War es doch - erklärtermaßen ! - die Aufgabe der FDP mit Start der Bundesrepublik , insbesondere naheliegenderweise Nordrheinwestfalen, mit Figuren wie Achenbach, " Ritterkreuzträger " Erich Mende et al., die Alt-Nazi-Kader zu integrieren!

     

    And by the way: Der knochenharte Satz von Kurt Schumacher

    von den " Rotlakierten Faschisten" war ja weniger billigem Antikommunismus geschuldet,

    als dem Satz " Na, die sind doch schon hinter der roten Fahne herjelofen,

    als nich keen Hakenkreuz druff war!"

     

    Will auch heißen, niemand, der alle Nadeln auf der Tanne hatte, glaubte doch die Anti-Nazi-Legende der DDR! Mit der bizarren Folge, daß sich die Ingenieure des KZ - Verbrennungsöfenherstellers Pottt - in Ost und West! -

    wechselseitig die " Persilscheine" ausgestellt haben!

     

    Biermann/DIE WELT ist konsequent, macht seinen Rauswurf aber nicht besser.

     

    Ich kann nichts erkennen, was die Aktion von Beate Klarsfeld

    auch nur ansatzweise in Zweifel ziehen könnte.

    Sie hat ein Stück politische Kultur in der Republik gegründet.

    Dafür sei ihr gedankt.

  • KK
    Karl K

    Ja geht's noch?

    Ausgerechet DIE WELT, die Speerspitze der Nazi-Aufklärung.

    Bei der Biermanns Wolf im warmen sitzt!

    Na? Zieht's im Hirn?

     

    Klar's ein weites Feld.

    Und " wer mit dem Teufel Suppe essen will, muß'n langen Löffel haben."

     

    Wir den JustizKahn Anfang/imLaufe der 70er Enternden,

    haben sie ja noch live erlebt ( z.T. gerade ausgeschieden, aber auf jeder

    Feier Veltins-gestählt lautstark, undifferenziert präsent).

    Und Dank des " Braunbuchs" der DDR ( schwer zu kriegen) hatten wir wenigstens eine Ahnung, wen wir da vor uns hatten.

     

    Wir hatten den Märchenerzählungen von Prof. Erich Schwinge,Marburg,( aka Maximilian Jacta) uber die Integrität der Kriegsrichter " gelauscht!"

    Hans-Jochen Vogel: " wir hatten doch keine Ahnung! als ich mit 17 Jahren in Marburg anfing, hieß es:' sind Sie nich'n bißchen jung?'- Naja, für die

    Wehrmacht hat's gelangt")

    Da tauchte dank der FRANKFURTER RUNDSCHAU das " Reschny-Urteil" auf.

    Der integre Herr Schwinge hatte diesen 14jährigen mit einem leeren Portmonaie und einer kaputten Uhr anbetroffen, zum Tode verurteilt; obwohl dies selbst nach dem NS-Sonderrecht nicht rechtens war! ABER: " Jedes Kind weiß, daß auf Plündern die Todesstrafe steht" ( so wörtlich im Urteil!).

    Dieses Urteil war selbst dem Gauleiter von Wien zu hart und er begnadigte Reschny.

    Der überlebte.

     

    Aber dieser Herr hat es sich angedeihen lassen uber Jahrzehnte, seine Kollegen, die Kriegsrichter als untouchable erscheinen zu lassen. Wo bitte, war denn da der Hort des Rechtsstaates - diese Fischeinwickelgazette DIE WELT? mit ihrem schwer rechtsgestrickten Kolumnisten " Matthias …? Ganz schwer hinterm Mond!

    Tarsächlich haben diese " Blutrichter" über 20.000 Todesurteile gefällt, ungleich viele vollstreckt;? während andere

    kriegsführende Nationen mit 400 bis 600 "auskamen."

     

    Und ein ganz schlimmer Finger als Kriegsrichter laut Braunbuch " Charley " Gaul war

    sogar Justizminister von Schleswig-Holstein.

    Niemand störte sich daran. Kannte ich ihn als trinkfreudiges Mitglied des falschen Ruderclubs meiner Heimatstadt. Aber diese Bürgerjüngelchen fuhren eh hinterher und zählten nicht. Tja, denkste!

     

    Wie eine Bombe aber schlug es ein, als der DDR- Anwalt Kaul vor dem Staatsschutzsenat des Bundesgerichtshofes - BGH - (erfolgreiche) Befangenheitsanträge gegen zwei seiner beisitzenden Richter stellte.

    Hier feierte die völlig distanzlose unreflektierte Kontinuitätsbeschwörung

    des BGH zum Reichsgericht fröhliche Urständ: waren doch beide zuvor

    ebenfalls Beisitzer im entsprechenden Senat des Reichsgericht gewesen.

     

    Von welcher Unverfrorenheit das Präsidium des BGH beseelt gewesen sein muß,

    zwei solche " Vögel" in einen Senat solcher Provenienz zu stecken, ist das eine.

     

    Mehr als deutlich wird aber auch, daß bei den vorangegangen Personalentscheidungen

    noch kein Gedanke an eine so legendäre Figur wie Fritz Bauer war.

    Dieser pflegte bei derartigen Personalentscheidungen mit " braunenen Flecken"

    aus der vollständig vorhandenen (!) Akte zu zitieren:" bin ich wie auch meine Familie seit Jahren bei den Deutschen Christen tätig…" und - nunmehr - " stamme ich aus einer zutiefst christlich-religiösen Familie…" , blickte auf und klappte die Akte zu.

    Kein Widerspruch.

     

    Dass dieses schwer belasteten Richter, Mitglieder der Justiz von einem zu ihren Gunsten geschaffenes Gesetz - vorzeitiger Ausstieg ohne finanzelle Nachteile -

    kaum Gebrauch machten, wen wundert's.

    Selbstvergessen - wie DIE WELT!

     

    Und zu unser aller Glück - nicht Beate Klarsfeld.

    Küppersbusch hat schon recht. Daß sie sich bereit findet, anzutreten nach solch schofeliger Behandlung wie insbesondere " Nie- wieder- Ausschwitz Fischer"!

    Was ein - sorry, Schuft!

  • W
    Waage

    Die Aktion gegen Kiesinger wäre mehr als o.k. gewesen wenn sie von Frau Klarsfeld selber oder von westdeutschen Antifaschisten ausgegangen wäre.

     

    Aber sich die Unterstützung der DDR zu holen?

     

    Während Ende der sechziger die alternative Jugend in Westdeutschland sich mit mit schmaler Mark, Rucksack und Tramperdaumen Europa und die Welt bereisen konnte (Kiesinger hinderte sie nicht daran!) hat Ulbricht seine 68er eingesperrt.

     

    Sprecht mal heute mit den heute 60 bis 70 jährigen aus er "DDR" wie leid denen die fehlenden Reisen bis heute tun.

     

    Verliebt nach Paris - nada!

    Meditiren in Indien? - niemals!

    Kiffen in Amsterdam? ha ha!

     

    In der DDR konnte man nicht mal ordnungsgemäß den Wehrdienst verweigern sondern musste "Bausoldat" werden.

     

    Andererseits:

    kein Mensch kann alles zu jeder Zeit komplett überblicken. Die Frontstellungen waren damals hart und es zählte nur Schwarz - Weiß.

    Ich finde deshalb auch nicht, dass Frau Klarsfeld nicht geeignet als Kandidatin wäre, dafür hat sie auf der anderen Seite einfach zu viel Positives vorzuweisen-Respekt!

     

    Ich finde aber Frau Klarsfeld sollte heute die Kollaboration mit den "Zonenheinis" als späte Jugendsünde und Fehler erkennen können und eingestehen.

  • B
    Balboa

    Hui, da scheint aber das Bürgertum richtig Angst vor der Kandidatin zu haben, so wie die reaktionären Medien dieses Thema breittreten und bewerten.

     

    Es wird schön werden, wenn der Einheits-Gauckler von einer Mehrheit in der Bundesversammlung gewählt wird, die jeder Volkskammerwahl in der DDR zur Ehre gereicht hätte.

  • F
    freemind

    Vielleicht steckt ja der Wunsch dahinter, die Ohrfeige nachträglich zu "neutralisieren" und damit Klarsfelds Mut fragwürdig erscheinen zu lassen? Jedenfalls hat diese Frau in ihrem Leben mehr politische Action an den Tag gelegt als der gemeine Durchschnittspolitiker, der sich gern beim Betrachten von Sachverhalten auf bloße Reden seiner Kollegen bezieht. Es ist okay, sich Informationen aus "feindlichen" Quellen zu besorgen, wenn man bei den "freundlichen" auf Widerstand trifft.

  • P
    Peter

    Zum einen war es völlig egal, wen die Linke als Kandidaten aufstellt, er oder sie wäre ohnehin einem Trommelfeuer der meisten Medien ausgesetzt gewesen.

    Zum anderen haben die Konservativen und andere Frau Klarsfeld bis heute nicht verziehen, daß sie so konsequent gegen die nazibraune Kontinuität in Westdeutschland gekämpft hat. Und daß sie dazu auch Infos und Materialien aus der DDR erhalten hat - hach Gottchen! Darüber kann sich eigentlich nur jemand mokieren, dem die Nazi-Aufarbeitung ein Dorn im Auge ist. Und es WAR nun mal so, daß in der DDR viel konsequenter als die alte Bundesrepublik gegen die Nazis vorgegangen ist, daran ändern auch Mauer und Stasi nichts.

     

    @zalog: Auch an den westdeutschen Grenzen und von westdeutschen Polizisten wurden im übrigen Menschen erschossen. Und was die Beurteilung der Karrieren im 3. Reich anbelangt, so bin ich durchaus für eine individuelle Betrachtung, sprich wieviel Schuld hat derjenige auf sich geladen, und was hat er nach Kriegsende gemacht. Da gibt es doch deutliche Unterschiede.

  • R
    ralli

    So berechtigt der Protest von Klarsfeld war - sie hat sich dabei mit einer Partei zusammengetan, die selbst nichts gegen Nazis hatte, zumindest so lange sie nach dem Krieg auf die richtige, nämlich ihre Seite wchselten. Doe deutsche Partei mit dem höchsten Anteil an alt-Mitgliedern der NSDAP hieß nämlich in den fünfzigern: SED

    Der anti-Faschismus war keine Überzeugung, nur Waffe. Klarsfeld hatte zwar das Recht, sich von dieser Partei unterstützen zu lassen aber eigentlich auch die Pflicht auf die Pseudo-Haltung der SED hinzuweisen.

    Aber heute ist die LINKE ja auch die Partei mit den meisten Ex-Miltärs und pazifistisch. Solange es nicht gegen Konterrevolutionäre in Polen oder der CSSR geht.

  • D
    Dirk

    "Das Urteil über Kiesingers Karriere mag heute milder ausfallen."

     

    Aber das ist doch der entscheidende Punkt: Inwieweit hat die DDR damals die Biographie Kiesingers verfälscht oder entlastendes Material bewusst unterschlagen? Ein Land übrigens, in dem die SED eigens eine Blockpartei für ehemalige (zumindest kleinere und mittlere) NSDAP-Kader geründet hat, die NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands - witzigerweise übrigens 1990 aufgegangen in der FDP).

  • A
    anke

    Wüsste ich nicht zufällig aus eigener Anschauung, dass die DDR bis 1989 real existiert hat, würde ich wahrscheinlich annehmen, sie war eine Erfindung von Lübke, Kisinger und all den anderen, real so gar nicht existenten Ex-NS-Eliten im Westen. Das wäre schlimm für mich. Dann nämlich, liebe taz, müsste ich diesen Typen noch heute Respekt zollen. Sie selbst sind schließlich längst tot und begraben. Ihr Trick mit der Kommunisten-Phobie funktioniert aber heute besser denn je. Tote schaffen wohl keine lästigen Tatsachen. Die angebliche Linke abseits der PDS-Nachfolger (die haben das nicht nötig, weil sie eh als Erben gelten) lässt sich jedenfalls nach wie vor recht leicht ins Boxhorn jagen von jedem kleinen Möchtegern-Diktator, der ihr irgend eine Art von Sympathie zu den "Regimen" des Ostens unterstellt. Ein Gespenst geht um, könnte man meinen. Und das wird offenbar nicht mit NS abgekürzt.

  • S
    Stefan

    Die Blindheit gegenüber Unrechtssystemen kann nie richtig sein. Es gibt hunderte Beispiele wie Leute gegen die widerlichen Reste der NS zeit angegangen sind ohne sich der Unterstützung eines anderen Unrechtssystems zu bedienen. Es geht auch ohne!Gestern wie heute.

  • K
    Kaboom

    Die CDU hatte als einzige demokratische Partei niemals einen Unvereinbarkeitsbeschluss bezüglich ehemaliger NSDAP-Mitglieder. Und das hat natürlich einen Grund, die CDU SOLLTE ganz bewusst zu einem Auffanglager für ehemalige Nazis werden. Nur hören die Konservativen das bis heute halt nicht gern.

     

    Frau Klarsfeld steht als Person dafür, das Verschweigen der NS-Vergangenheit diverser CDU-Granden "hintertrieben" zu haben. Und das wird ihr von den Konservativen bis heute übel genommen.

     

    Und da kommen die Material-Lieferungen der Stasi gerade Recht. So kann man nämlich die unbestrittene Wahrheit ignorieren. Und die lautet:

     

    Keiner der von Klarsfeld erhobenen Vorwürfe war falsch.

     

    Und man kann - bei der Gelegenheit ebenfalls äusserst nützlich - Frau Klarsfeld diffamieren.

  • G
    grafkoks2002

    Die Frage ist: Ist der Feind meines Feindes automatisch mein Freund?

  • I
    I.Q

    Solche Fragen können doch wohl nur aus Kreisen von Gauk-Befürwortern kommen.

     

    Durfte man sich in Auschwitz von der Sowjetunion befreien lassen?

     

    Aber ich sehe schon die Claudia Roth mit der Stimmkarte für Gauk wedeln, als Vertreterin einer Partei, die immer eehr ins Absurde abrutscht, von der Nahles und derem Verein will man da gar nicht erst reden.

    Die wollten damals der Merkel und der Linkspartei ein reindrehen und hatten sich diebisch gefreut, als der Wulff drei Wahlgänge brauchte.

    Politik haben sie damit im Grunde nicht gemacht, wohl aber sich selbst ein Ei gelegt.

  • Z
    zalog

    Es stimmt, die Bundesrepublik ist mit vielen Helfern des "Dritten Reiches" zu milde umgegangen. Wobei ich Kiesinger verglichen mit irgendwelchen munter weiterbehandelnden KZ-Ärzten und anderen eher vernachlässigenswert finde.

     

    Darum geht es aber bei der Kritik an Frau Klarfeld nicht. Vielmehr hat sie sich (wohl wissentlich) von einem Unrechtsstaat, der seine Bürger z.B. an der Grenze erschoss, instrumentalisieren lasssen. Immer nach dem Motto, der Zweck und die eigene Selbstdarstellung heiligen die Mittel. Abgesehen davon, dass dieser Staat auch nicht immer mit der wünschenswerten Härte gegen Altlasten vorgegangen ist.

     

    Aber es ist ja leider in weiten Kreisen üblich, die Karrieren im "Dritten Reich" je nach Person unterschiedlich zu betrachten. So wird ein Grass trotz seiner Mitgliedschaft in der SS immer noch von vielen als eine moralische Instanz angesehen und verehrt.