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Klage gegen "Stuttgart 21"Die Entscheidung ist vertagt

Das Stuttgart Landgericht wird erst am 20. Mai sein Urteil über den teilweisen Abriss des Hauptbahnhofs fällen. Damit geht der Streit um das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" weiter.

Peter Dübbers vor einem Seitenflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Bild: apn

BERLIN taz | Sollte der Architekt Peter Dübbers mit seiner Klage Recht bekommen, wären die Landesregierung in Baden-Württemberg und die Deutsche Bahn bis auf die Knochen blamiert: Der Enkel des Architekten des Stuttgart Hauptbahnhofes wehrt sich gegen den geplanten Abriss der Seitenflügel, da er als direkter Nachfahre das Urheberrecht inne hat. Damit könnte das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" doch noch kippen.

Am Mittwoch verhandelten vor dem Stuttgarter Landgericht beide Parteien. Der Vorsitzende Richter machte die Pattsituation deutlich: Auf der einen Seite sind Dübbers' Ansprüche weiter gültig, obwohl mit den Vorbereitungen des Baus bereits begonnen wurde. Trotzdem besteht bereits ein Baubeschluss, nach dem Alternativen zur Planung nicht mehr berücksichtigt werden müssen.

"Wir können nicht umplanen, das hätte Hebelwirkungen.Das wäre eine Katastrophe", zitiert die Stuttgarter Zeitung den Anwalt der Bahn, Winfried Bullinger. Tatsächlich müssten dadurch neue Planfeststellungsbeschlüsse her, das gesamte Projekt würde sich erheblich verzögern, die Mehrkosten könnten die maximal finanzierten 4,5 Milliarden Euro sprengen.

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Offiziell soll das Projekt 4,1 Milliarden kosten, dabei wird der Hauptbahnhof der Stadt neu gebaut und samt Gleisanlagen in einer neuen Streckenführung unter die Erde verlegt. Tausende Stuttgarter engagieren sich gegen das "Milliardengrab" und gehen von Kosten von bis zu 8,6 Milliarden Euro aus.

Einer davon ist der Grünen-Politiker Werner Wölfle, der auch als aussichtsreicher Kandidat für die nächsten Oberbürgermeisterwahlen 2012 gehandelt wird. "Bei einer positiven Entscheidung für Herrn Dübbers gehe ich davon aus, dass der Kopfbahnhof erhalten bleibt. Dann wird die Bahn sagen müssen: Zurück auf Los", erklärte er der taz.

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5 Kommentare

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  • SH
    Sylvia Heimsch, Architektin aus Stuttgart

    In Stuttgart wird nicht nur unnötigerweise ein funktionierender Bahnhof, sondern die Demokratie verbuddelt. 67.000 Stuttgarter hatten 2007 gegen den Wahnsinn unterschrieben. Die Stadt verlagerte die Verantwortlichkeit zum Land und teilte uns mit, wir wären leider zu spät dran und überhaupt...Nachdem S21 jahrelang tot war, wurde es von Oettinger mit viel Geld-Rüberschieben wiederbelebt. Nun stehen jeden Montagabend 4.000 Menschen auf den Montagsdemos am Bahnhof: Es juckt unsere Politiker nicht! Jetzt bleiben nur noch die Parkschützer :

    Unter www.parkschuetzer.de kann man sich, auch anonym, in eine von vier Widerstands-Stufen eintragen, vom schriftl. anonymen Protest bis hin zum Bekenntnis zum gewaltfreien Widerstand. Dazu sind schon fast 1.400 Leute angemeldet. Wir führen Trainings und Vorträge durch. Insgesamt sind wir schon bald 14.000 Menschen, vom Jugendlichen bis zur über 80 jährigen Oma. Und auch von den Rentnern wollen viele den Park mit Blockaden schützen.

    Zum Bahnhofsabriss und Urheberrecht :

    Es gibt die Seite www.hauptbahnhof-stuttgart.eu.

    Dort hat man die Möglichkeit, die Kontodaten für ein Unterstützerkonto für die Klage der Bonatz-Erben abzurufen. Herr Dübbers könnte bis zu 250.000€ benötigen. Jeder Betrag ist willkommen!

  • CI
    Carsten Iltis

    Seit ca. 20 Jahren wird versprochen, den Hauptbahnhof Dortmund umzubauen. Zuerst kam der Berliner Hauptbahnhof dran, der aus politischen Gründen vorgezogen wurde. Aber bis zur WM 2006 sollte alles fertig sein. Dann kam Stuttgart... die Stadt und zahlreiche Investoren haben inzwischen diverses in der Bahnhofsperepherie geschaffen, was zum Entwurf des neuen Bahnhofs passen würde. Wenn ich mir aber angucke, was die Bahn da wieder verzapft denke ich mir: gut, dass die Bahn Dortmund so verarscht hat - so haben wir wenigstens noch n vernünftigen Bahnhof :-D

  • C
    chris

    Aber das Urheberrecht ist doch so wichtig und der Schutz hoch anzusehen.

    Deswegen hat die Bundesregierung doch gerade erst die Schutzfrist auf 70 jahre nach dem Tod des Urhebers ausgeweitet, damit die Enkel das Recht auch noch wahrnehmen können.

    Die müssen sich doch freuen, dass jemand das ernst nimmt.

  • TS
    Thomas Sch.

    Deutschland hat immense Schulden, Rentner bekommen keine Erhöhung, die Griechen freuen sich gerade auch schon auf stupid german money und wir, wir verlegen einen Bahhhof unter die Erde. Wenn das nicht wahr wäre, würde sich jeder an die Birne fassen und sagen, daß das nur eine Geschichte der Schildbürger sein kann. Mit nicht vorhandenem Geld eine nicht notwendige Maßnahme größenwahnsinnig in Beton kloppen. Eigentlich ´ne Geschichte für Monty Python.

  • P
    Plebiszit

    Lob an die Taz, dass auch von weit entfernten Themen berichtet wird.

     

    Die Bayern sind jedoch (auch Aufgrund der Gesetzgebung) was die Abstimmung durch Bürger betrifft von allen Bundesländern weit vorne (siehe Bürgerentscheid Nichtraucherschutzgesetzt). Die Hamburger (Kohlekraftwerk, Fernwärmetrasse) aber nur kanpp dahinter. Das Schöne ist, das die Regierung (obwohl damals noch absolute Mehrheit CDU) den Bürgern Instrumente zur Wehrsetzung gegen die Obrigkeit gegeben hat.

     

    Hier hat Baden-Württemberg und insbesondere die Region Stuttgart großen Nachholbedarf.

     

    Wie hier im Forum schon geschrieben wurde. Stuttgart 21 bringt für Stuttgart selbst nur Nachteile.

    Große Teile der Lebenszeit eines Menschen werden für den Bau benötigt. Wer die Verkehrsverhältnisse in Stuttgart und die Königsstraße kennt, kann nur mit dem Kopf schütteln und and die Störungen denken (wobei sicher mit einer Bauzeitverlängerung und Komplikationen bei den vielen Tunneln zu rechnen ist). Auch wurde die Fällung von großen, sehr alten Bäumen schon erwähnt.

     

    Dies geschieht nur, damit die lokalen Immobilienfürsten wieder Umsatz verbuchen können.

     

    Das Schlimme daran ist, der Großteil der Stuttgarter bekommt davon garnichts mit.

     

    Meiner Meinung nach würde eine neue Eisenbahnstrecke von Stuttgart über den Flughafen nach Ulm reichen. Stuttgart 21 mit neuem Bahnhof gehört beerdigt. Der neue Bahnhof ist wie ein Vorredner schon gesagt hat, nur auf Shopping ausgelegt.