piwik no script img

Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um

Sparsam und kühl wirkt die Ausstellung „Eclipse of the Thumb“ von Lukas Müller bei Flamingo in Schöneberg. In der Mitte des von Maximilian Arnold, Eugenia Brunmaier und Manuel Rademaker betriebenen neuen Ausstellungsraumes hat der Künstler aus Frankfurt a. M. rostige Metallschienen wie ein kleines Lagerfeuer arrangiert. Gegenüber hängt ein Zeitungsausriss so tief an der Wand, das man ihn als Erwachsener eigentlich nur auf Knien betrachten kann.

Im Hinterraum hängt ein schrabbeliger Setzkasten, in dem eine Sammlung von ausgespuckten Kaugummi-Kügelchen aus der umliegenden Gegend wie Kostbarkeiten präsentiert wird. Das Kindheitsmotiv zieht sich durch die ganze Ausstellung. In der Gesamtinstallation gehen Fotografie, Gemälde und Objets trouvés erstaunlich geordnete, sozusagen „erwachsene“ Verhältnisse ein (bis 12. 10., Fr.–Sa. 12–18 Uhr, Goebenstr. 22).

Die unheimliche Seite der Ordnung findet sich in der Ausstellung „Cloud“ von Joep van Liefland in der Galerie Noah Klink adressiert. Unter den Berliner Künstler*innen ist van Liefland der große Medienarchäologe, der sich durch die Trümmer der Video-Ära wühlt und diese zu neuen „Videopalästen“ zusammenschiebt. Anlässlich seiner Ausstellung hat der Künstler nun eine klaustrophobische Rauminstallation aus leeren Videoschachteln errichtet, die einer Geistervideothek ähnelt. Vorsichtig tastet man sich durch einen verwinkelten Korridor aus milchigem Hartplastik und denkt gleichzeitig aufgrund des wolkigen Titels an die Obskurität weit entfernter Serverfarmen, von denen aus Filme und Musik gestreamt werden (bis 10. 10., Sa. 12–18 Uhr, Kulmer Str. 17).

Angesichts der Ausstellung „The Beer Promoter“ von Erik van Lieshout in der gerade umgezogenen Galerie Guido W. Baudach muss man unwillkürlich an den griechischen Philosophen Diogenes denken, der angeblich freiwillig ärmlich lebte und in einer Tonne schlief. Denn als der Künstler van Lieshout im vergangenen Jahr von einem großen internationalen Brauereikonzern für einen Kunstpreis nominiert wurde, ließ er eine überlebensgroße Aluminiumdose anfertigen und sich damit durch die Straßen einer Stadt in den Niederlanden rollen. Diese Szene zeigt van Lieshouts neuer Film „Beer“, der in einer Installation gezeigt wird, zu der auch die Aluminiumtonne gehört. Im Kern dreht sich der Film um die moralischen Skrupel, die den Künstler befallen, je mehr er sich mit den menschenverachtenden Werbe- und Geschäftspraktiken des Konzerns beschäftigt. Aktueller geht es nicht (bis 19. 10., Di.–Sa., 11–18 Uhr, Pohlstr. 67).

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen