Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um:
Natürlich gibt es aufregendere Wochenendbeschäftigungen, als Musterküchen zu besichtigen. Bei der „Frankfurter Küche“, die zurzeit bei Grisebach anlässlich der Schau „bauhaus forever!“ ausgestellt ist, handelt es sich jedoch um einen Sonderfall. Schließlich gilt die schnörkellose wie funktionale Zeile, entworfen 1926 von der Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky, als der Prototyp aller Einbauküchen und Paradestück der Neuen Sachlichkeit. Unter anderem gibt es auch wunderbare, um 1923 entstandene Spielkästen der Bauhaus-Gestalterin Alma Siedhoff-Buscher zu sehen. Buscher hatte sich auf das Entwerfen von multifunktionalen Kindermöbeln und reformpädagogisch inspiriertem Spielzeug spezialisiert (bis 11.5., Mo.–Fr. 10–18 Uhr, Sa. 11–16 Uhr, Fasanenstr. 27).
Von der Fasanenstraße sind es nur ein paar Schritte bis zum Maison de France, wo die beiden Kurator*innen Marjolaine Lévy und Thibaut de Ruyter die Ausstellung „26 x Bauhaus“ organisiert haben. Die Beiträge von 18 internationalen Künstler*innen zielen auf das ideelle Erbe der einflussreichen Architektur- und Kunstschule, die vor einhundert Jahren in Weimar gegründet wurde. In der Ausstellungsbroschüre findet sich denn auch ein kommentiertes Bauhaus-Alphabet – von A wie Abstraktion über Q wie Qualität, oder S wie Sexualität bis hin zu Z wie Zeitgeist. Der französische Künstler Évariste Richer stückelt eine Grundrisszeichnung des Élysée-Palastes in dreihundert Kreise und verziert damit ein Bauhaus-artiges Teller-Service, Mïrka Lugosi spielt zeichnerisch mit den Schlemmer-Kostümen für das Triadische Ballett und der Illustrator Jakob Hinrichs spürt in seinem Comic-Strip mit Bezügen zu Lyonel Feiningers Klassiker „The Kinder Kids“ der eigenen Kindheit in einer modernistisch gesinnten Architektenfamilie nach (bis 8. 5., Mo.–Fr. 14–18 Uhr, Sa. 11–15 Uhr, Kurfürstendamm 211).
Ganz nichtmodern und trotzdem auch seltsam zeitgenössisch wirken hingegen die Holzhäuser mit den dunklen Fenstern, die der Maler Lutz Braun auf einen langen grauen synthetischen Teppichläufer gebracht hat. Über ihnen dräuen expressionistische Farbwolken, alles erscheint dunkel-bräunlich wie in den grotesken russischen Wald-Märchenfilmen aus den Sechzigern, bei denen man sich als Kind immer so gruselte. Brauns Bilder verschmelzen förmlich mit einer großen, vorhangartigen Rauminstallation von Clémence de La Tour du Pin zu einer schlüssigen Einheit. Das nationalmuseum haben die beiden Künstler*innen kurzerhand in „Emotionalmuseum“ umgetauft (bis 1. 5., Mi. und Do. 13–16.30 Uhr, Urbanstr. 100).
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