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Kippt Knesset Schamir-Regierung?

■ Heftiger Schlagabtausch zwischen den Führern der beiden großen Parteien leitet Mißtrauensvotum ein / Nach jüngsten Berechnungen ergibt sich leichter Vorteil der Arbeiterpartei

Jerusalem (ap/apf) - Mit einer emotionsgeladenen Rede des Arbeiterpartei-Vorsitzenden Schimon Peres hat am Donnerstag im israelischen Parlament die Debatte über einen Mißtrauensvotum gegen Ministerpräsident Schamir begonnen. Der bisherige Finanzminister Peres, dessen Entlassung aus dem Kabinett die jüngste Regierungskrise auf die Spitze getrieben hatte, warf Schamir vor, den Friedensprozeß „totzuschlagen“. Er forderte die 120 Knessetabgeordneten auf, das Votum zu unterstützen und der Arbeiterpartei die Chance zu geben, eine neue Regierung zu bilden.

Schamir traue sich nicht, den Weg zum Frieden einzuschlagen, sagte Peres. Abgeordnete von Schamirs Likud -Block unterbrachen Peres wiederholt mit Pfiffen und Zwischenrufen. Der Regierungschef selbst blätterte während der Rede in seinen Papieren und stand nur einmal kurz auf, um bekanntzugeben, daß Peres‘ Entlassung und der Rücktritt der anderen Minister der Arbeiterpartei in Kraft getreten seien. Peres sagte weiter, zuverlässigen Informationen zufolge sei Syrien bereit, mit Israel über eine Entmilitarisierung der Golanhöhen zu verhandeln. Syrien gilt als schärfster Gegner Israels. Die syrische Regierung hatte bisher stets auf einer Rückgabe der Golanhöhen bestanden.

Schamir antwortete Peres in ähnlich heftiger Weise und warf ihm vor, „lebenswichtige Interessen des Landes“ zu gefährden. Die große Koalition aus Arbeiterpartei und Likud -Block hatte sich nicht über einen Vorschlag von US -Außenminister James Baker über die Aufnahme von Vorgesprächen einigen können, die in einen Friedensprozeß zwischen Israelis und Palästinensern münden sollten. Beide Parteien umwarben bis unmittelbar vor dem Mißtrauensvotum die zwei ultraorthodoxen religiösen Parteien, die zusammen über sieben Sitze im Parlament verfügen und sowohl beim Votum gegen Schamir als auch bei einer neuen Regierungsbildung Zünglein an der Waage sind. Nach jüngsten Mutmaßungen dürften 58 der 120 Knessetabgeordneten Schamir unterstützen, 60 dagegen Peres.

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