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Kindesmißhandlung ist oft ein lebenslanges Leiden

Hamburg (dpa) - Die Hälfte aller mißhandelten Kinder hat lebenslang unter den früheren Qualen zu leiden. Das ergaben Untersuchungen des Staatsinstitutes für Frühpädagogik und Familienforschung in München. „Die übrigen Kinder überstehen ihre Leidenszeit ohne Folgeschäden“, sagte die Psychologin Anette Engfer am Rande des 8. Weltkongresses für Kinderschutz in Hamburg. An der viertägigen Veranstaltung, die am Donnerstag zu Ende geht, nehmen rund 2.000 Experten aus 61 Ländern teil.

Nach der Kriminalstatitik werden in der Bundesrepublik jedes Jahr rund 1.200 Kinder schwer mißhandelt. „Die Dunkelziffer ist sehr hoch“, sagte Frau Engfer. „Nach meinen Untersuchungen werden rund zehn Prozent der Kinder zumindest geschlagen.“ Das heißt, daß rund 1,5 Millionen Kinder bis 14 Jahren körperlich gezüchtigt werden.

Jede körperliche Mißhandlung ist nach Meinung der Expertin auch eine psychische und umgekehrt. Besonders schlimm treffe es Kinder, wenn sie von ihren Eltern durch Mißachtung bestraft würden. „Wenn etwa drei Wochen nicht mit einem Kind gesprochen wird, hat es das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden“, sagte Frau Engfer. Ohne soziale Resonanz werde das Kind in der Regel entweder aggressiv oder stumm und traurig.

Vorhersehbar sind die Folgen einer Mißhandlung im Kindesalter nicht. Voraussetzung für ein „normales“ Erwachsenenleben ist nach Angaben der Wissenschaftlerin aber die Veränderung des Milieus, in dem das Kind gelitten hat. Dann seien selbst Kinder, die im frühen Alter schwerste Verletzungen durch prügelnde Eltern erlitten haben, in der Lage, diese Quälereien aufzufangen.

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