Kinderhilfswerk fordert Netzschule: Das Internet ist doch nicht böse
Das Kinderhilfswerk fordert, dass arme Kinder öfter im Netz surfen und prangert die "digitale Ungleichheit" an. Politiker sollten das Netz nicht länger dämonisieren.
BERLIN taz Auch Kinder aus einkommensschwachen Familien brauchen einen Internetzugang - und mehr Kompetenz im Netz, fordert das Deutsche Kinderhilfswerk. Besonders Kindergärten, Jugendhilfe und Schulen seien gefordert, Zugang zu digitalen Medien zu ermöglichen, sagte der Vizepräsident des Kinderhilfswerks Joachim von Gottberg am Freitag in Berlin. Zu lange habe man in der Politik nach dem Motto gedacht "zu viel Medienkonsum ist sowieso schädlich", dabei sei Internet für die Teilhabe an Gesellschaft und Bildung sehr wichtig.
Je mehr Einkommen die Eltern haben, je öfter nutzt ihr Kind das Internet. Dass Kinder aus verschiedenen Schichten auch verschieden online surfen, ist noch dagegen noch nicht ausreichend belegt. Die Aachener Sozialwissenschaftlerin Nadia Kutscher sieht aber eine Tendenz: "Beim Internetlexikon Wikipedia etwa gibt es einen relativ deutlichen Zusammenhang zwischen häufiger Nutzung und höherer formaler Bildung." Dennoch gebe es kein "Unterschichten-Internet", sagt Online-Forscherin Kutscher. "Es ist nicht so, dass alle Hauptschüler nur chatten und Gymnasiasten sich nur informieren. Beide mögen Unterhaltung."
Wie man sozial benachteiligte Kids besser an das Internet heranführt, ist auch in der Kinderkommission des Bundestags schon diskutiert worden. "Das Internet ist ein öffentlicher Raum. Dort darf niemand ausgeschlosssen werden", sagt die Kommissionsvorsitzende Diana Golze (Linke). Mit einem Zugang allein sei es aber nicht getan, so die Abgeordnete - auch die Art der Nutzung ist wichtig. Aber nicht jeder Lehrer könne auch den richtigen Umgang mit dem Internet beibringen, sagt Golze: "Medienkompetenz vermitteln ist nicht unbedingt ein Pflichtfach von Pädagogen."
In der Tat haben Pädagogen so ihre Probleme, Jugendlichen eine "vernünftige" Internetnutzung nahezubringen. Webseiten wie das Jugendportal netzchecker.de oder die Mädchencommunity lizzynet.de, die vom Bund finanziell unterstützt werden, kennt laut einer von Kutscher präsentierten Befragung kaum ein Jugendlicher.
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