Kinder in Kitas: Migrantenkinder bleiben draußen
Kinder mit Migrationshintergrund gehen sehr selten in Kitas. Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt und Grüne fordern vermehrte Investitionen in Kita-Plätze.
WIESBADEN/BERLIN dpa | Eltern mit ausländischen Wurzeln betreuen ihre kleinen Kinder wesentlich häufiger ausschließlich zu Hause als Eltern ohne Migrationshintergrund. Im vergangenen Jahr seien in Deutschland 14 Prozent der Ein- und Zweijährigen mit mindestens einem Elternteil ausländischer Herkunft in einer Kita oder von Tageseltern betreut worden, berichtete das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Donnerstag.
Bei den gleichaltrigen Kindern ohne Migrationshintergrund lag der Anteil bei 30 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch. In beiden Gruppen stieg die Quote binnen eines Jahres leicht um zwei Prozentpunkte.
Auch bei den Drei- bis Fünfjährigen war der Anteil der Kinder ausländischer Herkuft in Kitas oder anderer externer Tagesbetreuung mit 85 Prozent deutlich niedriger als der bei Kindern ohne Migrationshintergrund, von denen 97 Prozent Kitas besuchten oder von Tageseltern betreut wurden. Hier hat sich die Betreuungsquote während der vergangenen beiden Jahre kaum verändert.
Der Ausbau der Kindertageseinrichtungen müsse konsequent vorangetrieben werden, sagte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) laut Mitteilung. Bis zum Sommer 2013 müsse der Bedarf gedeckt werden, denn dann gelte der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für die Ein- und Zweijährigen. "Je früher Max und Ali miteinander im Sandkasten spielen, umso besser für die Integration und für den gesellschaftlichen Zusammenhalt", sagte Schröder.
Der Vorsitzende des AWO-Bundesverbandes, Wolfgang Stadler, sieht das Kernproblem in der Finanzierung. "Gerade die klammen Kommunen haben oft kaum Mittel, um in die notwendige Förderung der Kinder zu investieren. Bund, Länder und Kommunen müssen an einen Tisch, damit alle Kinder die gleichen Bildungschancen bekommen, denn Bildung verhindert Armut", sagte Stadler laut Mitteilung.
Die Grünen finden unter anderem die Betreuungskosten für die Eltern problematisch. "Wir brauchen massive Investitionen in die Kita-Qualität und perspektivisch die Abschaffung der Kita-Gebühren", sagte Memet Kilic, Sprecher für Migrations- und Integrationspolitik, laut Mitteilung. "In den ersten Lebensjahren werden wichtige Weichen für Kinder gestellt." Das geplante Betreuungsgeld werde aber verhindern, dass mehr Eltern ihre Kinder in Kitas schicken.
Auch die SPD ist gegen das Betreuungsgeld: "Das Ziel kann nicht sein, Kinder von den Betreuungsangeboten fernzuhalten. Wir müssen Hürden abbauen, die gerade Familien mit Migrationshintergrund noch davon abhalten, ihre Kinder in Kitas zu bringen", sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzenden Manuela Schwesig laut Mitteilung.
Wenn der Bundestag im Frühjahr zustimmt, soll das Betreuungsgeld 2013 eingeführt werden. Es ist für Eltern von Kindern unter drei Jahren gedacht, die ihren Nachwuchs zu Hause betreuen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld