■ Kiezsäuberung per Handgranate?: Opfer klatschen Beifall
Noch gibt es kein Bekennerschreiben, doch manches weist darauf hin, daß der Anschlag gegen das „Auerbach“ ein neuer Höhepunkt im Kampf der Kiezverteidiger von „Klasse gegen Klasse“ darstellt. Nur pures Glück verhinderte, daß Menschen zu Schaden kamen. Mit Politik hat das längst nichts mehr zu tun, auch wenn die wirre Truppe miefige Klassenkampfparolen zusammengestoppelt hat und sich als kämpfende Avantgarde der Arbeiterklasse sieht. Eine Beschäftigung damit wäre überflüssig, wenn sich die Gruppe in Kreuzberg nicht verstecken könnte hinter vielen Menschen aus linken und alternativen Zusammenhängen, die sich – zu Recht – gegen die drohende Umstrukturierung des Bezirks durch Spekulanten und Baumafia wehren. Beim notwendigen Streit um Mieten und Arbeitsplätze aber bleibt unberücksichtigt, daß „Klasse gegen Klasse“ mit einer kruden Verelendungstheorie die Ausbeuter schon dort ansiedelt, wo andere höchstens von Mittelstand reden: Genau jene Lehrer, Sozialarbeiter, Dienstleister und Mitarbeiter von Alternativprojekten, die Kreuzberg in den letzten fünfzehn Jahren zu einem lebendigen Bezirk gemacht haben, sind gemeint, wenn die Schickeria ins Visier genommen wird. Deswegen ist es kein „Betriebsunfall“, wenn kleine Läden oder Lokale bedroht werden, deren teuerste Gerichte unter 30 Mark kosten. Linke und Alternative haben das bislang kaum realisiert: Ihr unbedachter Beifall ist die Deckung für „Klasse gegen Klasse“. Gerd Nowakowski
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