Keine Trennung von Netz und Betrieb: Schwarz-gelbe Netzschmelze
Obwohl Eon seine Hochspannungsleitungen nach Holland verkauft hat, will Schwarz-Gelb weiter alle deutschen Netze verschmelzen. Experten sehen Schwierigkeiten.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will auch nach dem Netzverkauf des Energiekonzerns Eon an der geplanten Verschmelzung aller deutschen Hochspannungsnetze in einer Aktiengesellschaft festhalten. Dies bestätigte das FDP-geführte Wirtschaftsministerium am Mittwoch der taz. "Wir verfolgen das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel einer Netz AG auch nach dem Verkauf des Eon-Netzes weiter", sagte ein Ministeriumssprecher.
Am Dienstag hatte Eon den Verkauf seines Hochspannungsnetzes an den niederländischen Betreiber Tennet bekannt gegeben. Mit dem Verkauf entging Eon einer Kartellrechtsstrafe der EU-Kommission.
Der Ministeriumssprecher sagte weiter: "Angestrebt wird eine einvernehmliche Lösung mit den Unternehmen auf privatwirtschaftlicher Basis." Tennet werde selbstverständlich in die Gespräche zu einer Gründung einer Netz-AG eingebunden.
Diese Gründung ist deshalb immer wieder im Gespräch, weil es in Deutschland keine einheitliche, sondern vier Regelzonen gibt, die die Energiekonzerne Eon, Vattenfall, RWE und EnBW unter sich aufteilen. Bundesweit vereinheitlicht ließe sich die Stromproduktion jedoch effizienter aufeinander abstimmen.
Tennet äußerte sich zwar nach dem bekannt gewordenen Kauf "offen für Dritte", knüpfte die Aussage jedoch an die Bedingung, dass diese Unternehmen "keine Aktivitäten im Bereich Erzeugung und Vertrieb unterhalten", sagte Tennet-Chef Mel Kroon. Aber genau das erfüllen zwei Netzbetreiber nicht: RWE und EnBW. Erst am Dienstag sagte eine RWE-Sprecherin noch einmal: "Wir sind überzeugt, dass mehr Wettbewerb keine Frage des Eigentümers ist, sondern des diskriminierungsfreien Netzzugangs." Von einer angestrebten Trennung des Stromvertriebs vom Netzbetrieb also keine Spur.
Experten sehen deshalb im Gegensatz zur offiziellen Haltung der Bundesregierung die AG-Gründung durch den Verkauf in weite Ferne gerückt. "Ich halte es für verheerend, dass nicht vorher der Versuch der Bundesregierung gestartet worden ist, das einheitlich zu regeln", sagt Uwe Leprich, Wissenschaftler am Saarbrücker Institut für Zukunftsenergiesysteme. "Der Verkauf hat die Möglichkeit erschwert, diese Netz AG zu formen, weil mehrere Akteure beteiligt sind, auf die man nicht so gut Zugriff hat."
In der Tat ist die Interessenlage komplexer geworden: Statt vier Energiekonzerne werden die Netze künftig in der Hand von zwei Versorgern, RWE und EnBW, einem Netzbetreiber, der eine niederländische Staatsfirma ist, und einem Konsortium aus Beteiligungsgesellschaften sein. An die will nämlich Vattenfall sein Netz verkaufen. "Die Netz AG wird damit tendenziell vom Tisch sein", sagte Dominik Seebach vom Öko-Institut. Tennet dürfte weniger daran interessiert sein, ihre Anteile in eine Netz AG zurückfließen zu lassen.
Der Chef der Deutschen Energieagentur, Stephan Kohler, fordert hingegen von Tennet und den Interessenten am Vattenfall-Netz, mit gutem Beispiel voranzugehen und eine "Keimzelle für eine bundesweite Verbund AG" zu bilden, wie er der Frankfurter Rundschau sagte. Derweil berichteten schwedische Medien, Vattenfall wolle auch sein Netz in Schweden verkaufen wolle, um Geld für den Bau eines britischen Atomkraftwerkes zu sammeln. Vattenfall erklärte, es gebe noch keine Entscheidung.
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