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Keine Hintertür für Drogen

■ Ostberliner Selbsthilfeverein Almedro fordert kompromißlose Entscheidung für drogenfreien Weg

Ost-Berlin. Keinerlei Drogen - auch keine Zigaretten - und keine Gewalt, das sind die Grundregeln des Ostberliner Selbsthilfevereins Almedro. Der Verein, der sich an dem Westberliner Vorbild „Synanon“ orientiert, bietet seit der Eröffnung seines Hauses am Sonnabend für 25 bis 30 Alkohol-, Medikamenten- und Drogensüchtige Hilfe und Unterkunft an.

Halbheiten sind unerwünscht, jeder, der aufgenommen wird, hat zehn Tage Zeit, sich zu entscheiden, ob er „sein gewohntes, zerstörerisches Leben weiterführen“ oder einen gänzlich drogenfreien Weg wählen will. Letzteres befreit den Aussteigewilligen gleich auch von Wohnung und Eigentum: Um dem Süchtigen keine „Hintertür“ zu lassen, muß er sein Hab und Gut an den Verein abtreten. Das Projekt wiederum bietet mit seinem gemeinsam mit „Synanon“ geplanten Beschäftigungsprogramm Arbeitsmöglichkeiten, in denen die Betroffenen „als Basis einer neuen Lebensgestaltung“ tätig werden können. Als Entgelt erhalten sie ein Taschengeld, darüber hinaus wird für jeden Geld zurückgelegt.

In ihrer Definition von Sucht sind die 18 Vereinsmitglieder, selbst alle ehemalige Alkohol- oder Medikamentenabhängige, absolut kompromißlos: Nach den Worten des Gründers und ersten Vorsitzenden, Wolfram Page, ist „nur eine Entscheidung gegen alle Suchtmittel eine Entscheidung für das Leben“. Eine Unterscheidung, welche Folgen die Einnahme von „harten“ oder „weichen“ Drogen hat, trifft er nicht, ob Nikotin, Haschisch oder Heroin, am Ende stünde seiner Meinung nach immer „der körperliche und psychische Verfall“ und die „soziale Verwahrlosung“.

Wer also unter diesen Voraussetzungen von Drogen loskommen will, kann bei Almedro bleiben, solange er möchte, niemand wird zurückgewiesen - es sei denn, er wird wieder rückfällig. Vergleichbare Projekte in der Bundesrepublik und West-Berlin sind nicht unumstritten: Da die meist hierarchisch organisierte Struktur nur darauf ausgerichtet ist, innerhalb des Projekts zu funktionieren, wird ihnen von Kritikern Lebensferne vorgeworfen.

maz

Das Almedro-Haus ist in der Herkomerstraße 10, Nähe S -Bahnhof Treptow.

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