Keine Abenteuer im Prenzlauer „Rio“?

■ Kino für Kinder gefährdet

Detlef Balke

Rio, das Kino an der Prenzlauer Promenade, lockt die kleinen und die großen Kiezbewohner. Die neuesten Hits der Filmwelt können die engagierten Mitarbeiter allerdings nicht bieten. Doch Geheimtip für ein ausgewogenes Filmangebot ist das Rio allemal. Selbst, wenn sich der dortige Luxus in Nord-Ost -Berliner Grenzen hält.

Doch damit soll nun Schluß sein, weil sich die Eigentümer von vorgestern wieder meldeten. Ein riesiges Verkaufsparadies statt eines vielgestaltigen Kiezlebens ist die Vision dieser Grundbesitzer. Und die Weißenseer? Kennen sie diese Variante ihrer Zukunft, die auf dem Ratstisch liegt? Ist nun das Kiezkino, das Kino auch für Kinder, passe? Das Rio ist nur ein Beispiel für anstehende Entscheidungen. Das Kino für Kinder braucht sie.

Doch darauf sind die Führungskader der Bezirksfilmdirektion Berlin schlecht vorbereitet. Abwarten ist eben auch eine Position.

Und darüber vergeht die Zeit, werden die Startlöcher in die Marktwirtschaft besetzt. In diesen werden die jetzigen BFD -Chefs nur vereinzelt zu finden sein. Und wenn sie nicht drin sind, was sollte es sie interessieren?

Einige Unverbesserliche wie die vom Rio und der Kinderkinoinitiative sehen das allerdings anders. Bestehen sie doch darauf, Kino für Kinder sei Teil intakter Kultur. Um eine solche antiautoritäre These zu untermauern, unternehmen sie ebensolche Anstrengungen. In deren Ergebnis gelang es doch tatsächlich, Fakten zu schaffen, die Deutsche und andere M-Demokraten gern ignorieren möchten: Monatlich gehen 50.000 Berliner Kinder ins Kino. Das sind 25 Prozent aller Kino-Besucher in Berlin/DDR. Erschwingbare Eintrittspreise schaffen Zwänge, die auch bei achtfacher Erhöhung keinen wirtschaftlichen Erfolg garantieren: 0,25 Mark sind es derzeit.

Aber vielleicht sollte es bei Kino für Kinder gar nicht zuerst ums Geschäft gehen. Denn profitabel ist Kinderfilm nirgends auf der Welt, weshalb der DEFA-Kinderfilm (Spiel oder Dokumentarfilm) auch einzigartig im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus ist.

In den Überlegungen kurzdenkender „Ökonomen“ haben Kinder einen Platz nur als zahlungskräftige Kunden: Marktwirtschaft Profitwirtschaft pur.

Deshalb gibt es auch keine Resonanz der Bezirksfilm -Direktoren auf die Vorschläge der Initiative zum Aufbau eines nichtkommerziellen Verleihs für Kinderfilme und zur weiteren Spezialisierung von Kiezkinos für Kinder und Jugendliche sowie zur Einrichtung eines Kinderkino -Förderfonds. Jetzt ist der Magistrat der Stadt Berlin in der Pflicht.

Kino für Kinder hat mehr mit der kulturellen Entwicklung dieser Kinder als mit Geschäft zu tun. Ihre Vorschläge wollen die Anerkennung der besonderen Bedürfnisse von Kindern, mithin des Anspruchs einer Gesellschaft an sich selbst.

Als Einrichtung des Magistrats könnte Kinderkino möglich sein: mit einem Fonds von wenigstens 400.000 Mark, wobei eine Selbstkostenbeteiligung von 0,50 Mark bis 1,00 Mark vorgesehen ist.

Mit der fortgesetzten Schädigung der Filmtheater, der Gefährdung des Vertriebsnetzes ist der Kinderfilm selbst gefährdet. Kinder sind die schwächsten Angehörigen unserer Gesellschaft.

Die „Deutsche Kulturnation“ auf dem Wege zum Sozialamt! Darüber sollten nicht erst die Kommunalwahlen vom 6. Mai entscheiden.