: Kein Prozeß wegen Todesschuß
■ Ein Polizist, der einen flüchtenden Strafgefangenen erschossen hat, muß sich nicht vor Gericht verantworten / Oberlandesgericht bestätigte „Unverhältnismäßigkeit des Handelns“
Frankfurt (dpa) - Der 37jährige Polizeibeamte, der am 3. Mai 1986 bei einer Verfolgungsjagd auf einer Autobahn in Südhessen einen 19jährigen flüchtenden Strafgefangenen erschossen hat, muß sich nicht dafür vor Gericht verantworten. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt entschieden (Az. 1 Ws 116/87). Der Schußwaffengebrauch sei gerechtfertigt, wenn von dem Strafgefangenen eine nicht unerheb liche Gefahr für die Allgemeinheit ausgehe und die Wahrscheinlichkeit bestehe, daß der Flüchtende weitere Straftaten möglicherweise unter Anwendung von Gewalt und mit unabsehbaren Folgen für Dritte begeht. Wenn der Strafgefangene dabei getötet wird, sei der Todesschuß des Polizeibeamten unter der Voraussetzung gerechtfertigt, daß weniger einschneidende Maßnahmen zur Festnahme des Flüchten den nicht zur Verfügung standen, betonte das Oberlandesgericht. Auch das Landgericht Darmstadt hatte zuvor schon die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Beamten abgelehnt, die Staatsanwaltschaft hatte dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht eingelegt. Das Oberlandesgericht erklärte, die vorgeschriebene „Verhältnismäßigkeit“ seines Handelns sei gegeben. Die Versuche des Polizeibeamten, den Flüchtenden mit „weniger einschneidenden Maßnahmen“ zu stoppen, seien vergeblich geblieben. Unter anderem habe der Flüchtende zunächst eine Straßensperre durchbrochen. Der Beamte habe anschließend vergeblich versucht, die Reifen des Fluchtfahrzeugs zu zerschießen. Insgesamt sei der gezielte Schuß „als letztes Mittel“ unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt gewesen.
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