: Kein Plan gegen den Wahnsinn in Großbritannien
■ Der britische Agrarminister legt keinen neuen Plan gegen BSE vor, verlangt aber die Aufhebung des Exportverbots. Deutsche Bauern beklagen Absatzschwund
Luxemburg (AFP/dpa/taz) – Die EU-Agrarminister warteten gestern offenbar vergeblich: Ihr britischer Amtskollege Douglas Hogg wollte gestern offenbar keinen neuen Plan vorlegen, wie sein Land der Rinderseuche BSE Herr werden will. Bereits vergangene Woche hatte Hogg die Grundzüge eines Schlachtplans EU-Agrarkommissar Franz Fischler vorgelegt, ihn aber mit einer Lockerung des Exportverbots verknüpft. Diese Verknüpfung lehnen die anderen Minister ab.
Hogg hatte vorgeschlagen, zusätzlich rund 40.000 Rinder auf der britischen Insel töten zu lassen, um damit die BSE-Fälle um 15 bis 30 Prozent zu reduzieren. Die Schlachtung von rund 4,5 Millionen Tieren, die über 30 Monate alt sind, hatte die Regierung in London bereits vorher grundsätzlich zugesagt. Dabei handelt es sich allerdings vorwiegend um Milchkühe, die am Ende ihrer Produktivität angekommen sind.
Hogg drängte gestern weiter gegen den Widerstand Deutschlands und anderer EU-Staaten, eine Lockerung des Rindfleisch-Exportverbots durchsetzen. Bundeslandwirtschaftsminister Jochen Borchert (CDU) verlangte, daß das konkrete Programm zur Ausrottung von BSE erst einmal vorliegen müsse. Erst danach könne zumindest über eine Lockerung der Sanktionen beraten werden.
Borchert sagte: „Ich gehe nicht davon aus, daß es hier zu einer Lockerung des Exportverbots kommt.“ Auch aus anderen Delegationen verlautete, daß man einer Lockerung skeptisch gegenüber stehe. Selbst Hogg versuchte, bei seinem Eintreffen in Luxemburg entsprechende Erwartungen herunterzuspielen. Als Ausnahme von dem Verbot kämen etwa Gelatine und Talg in Betracht, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und EU-Experten als unbedenklich eingestuft werden.
Der Ministerrat kann hinsichtlich einer Lockerung des Exportverbots lediglich eine politische Richtungsentscheidung geben. Die faktische Entscheidung liegt bei der Kommission, die sie wiederum von der Stellungnahme des Ständigen Veterinärausschusses abhängig macht.
Gegen eine Lockerung des Exportverbots sprach sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Konstantin Freiherr von Heereman, aus. Im Deutschlandfunk sagte er, es dürfe keine Zugeständnisse an die Briten geben, andernfalls wäre die Verunsicherung der Verbraucher zu groß. Die Verluste der deutschen Bauern schätzte Heereman auf etwa 300 bis 500 Mark pro Rind. Der Rindfleischabsatz in Deutschland sei augenblicklich „katastrophal niedrig“, erklärte dazu Borchert.
Auch beim Treffen von Helmut Kohl und dem britischen Premier John Major London war BSE Gesprächsthema. Major versuchte, Kohl über den Tisch zu ziehen.
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