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Kein NS-Prozess in Wien

Wiener Gericht erklärt den wegen Kindermordes angeklagten Heinrich Gross für verhandlungsunfähig

WIEN afp ■ Der Mordprozess gegen den früheren NS-Psychiater Heinrich Gross (s. taz v. Montag) ist gestern in Wien wegen des schlechten Gesundheitszustandes des Angeklagten vertagt worden. Der 84-Jährige leide an „vaskulärer Demenz“, einer schweren Depression und der Parkinsonschen Krankheit; er könne der Verhandlung nicht folgen, befand ein neuerliches Gerichtsgutachten. In sechs Monaten soll der Angeklagte, der bis 1997 selbst als anerkannter Gerichtsgutachter tätig war, erneut untersucht werden. Der Arzt soll im Jahr 1944 in der Wiener Kinderklinik „Spiegelgrund“ an der Ermordung von neun Kindern beteiligt gewesen sein.

„Das ist eine vertane Chance für die Justiz, diesen 50 Jahre alten Skandal zu bereinigen“, kritisierte der Historiker Wolfgang Neugebauer. Gegen die auf sechs Monate befristete Vertagung kann die Staatsanwaltschaft voraussichtlich keine Rechtsmittel einlegen, auch zeigte der Staatsanwalt sich von der Richtigkeit der Entscheidung überzeugt.

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